Gekippter Freispruch
Die römische Kassation hebt den Freispruch für Ex-SEL-Direktor Maximilian Rainer auf, erklärt die Verjährung, und verweist den Fall an eine Zivilsektion des Oberlandesgerichts.
Von Thomas Vikoler
Die römische Kassation hätte eigentlich die Aufgabe, die formale Rechtmäßigkeit von Urteilen zu überprüfen. Ob die zweite Strafsektion gestern dieser Aufgabe nachgekommen ist, ist fraglich.
Am frühen Abend wurde die Entscheidung in einem heiklen Fall bekanntgegeben, den die II. Sektion bereits einmal behandelt hatte: Die Südtiroler Causa Stein an Stein I, in der es um den verdeckten Ankauf eines Kraftwerks in Mittewald geht, dessen Kauf die landeseigene SEL AG im November 2006 ablehnte.
Der Donnerstag war der TAg X für den letzten verbliebenen Angeklagten, Ex-SEL-Direktor Maximilian Rainer. Das Oberlandesgericht hatte ihn, nach einem Schuldspruch mit zweieinhalb Jahren Haft, im Oktober überraschend freigesprochen. Früher in einem getrennten Verfahren verhängte Haftstrafen gegen die ehemaligen SEL-Verwalter Klaus Stocker und Franz Pircher sind, von der II. Sektion bestätigt, bereits rechtskräftig.
Und Rainer? Bei der halbstündigen Verhandlung am Vormittag hatte der Generalstaatsanwalt die Erklärung der Verjährung des vermeintlichen Betrugs beantragt. Diese war bereits im Herbst vergangenen Jahres eingetreten. Das bedeutete, dass der Ankläger die Einschätzung des Bozner Oberlandesgerichts nicht teilte, wonach die SEL gegenüber dem Verkäufer des Kraftwerks nie eine vertragliche Verpflichtung eingegangen sei.
Carlo Bertacchi, Rainers Bozner Verteidiger, beantragte hingegen die Bestätigung des zweitinstanzlichen Freispruchs.
Die II. Strafsektion entschied anders: Sie erklärte die Verjährung und verwies den Fall an eine Zivilsektion des Bozner Oberlandesgerichts, um Folgendes festzustellen: Gibt es eine Straftat? War Maximilian Rainer dafür verantwortlich? Muss er, und wenn ja in welcher Höhe, der Zivilpartei SEL Schadensersatz zahlen?
Dass die Schuldfrage von der Kassation nicht geklärt wurde, ist überraschend, denn in der Regel gibt das Oberste Gericht der nächsten Instanz eine klare Orientierung. So wie etwa im Fall Don Giorgio Carli, bei dem ein Zivilgericht den Schadenersatz festlegen musste (Diözese und Zivilpartei einigten sich später außergerichtlich auf eine Zahlung)
In der Darstellung von Verteidiger Bertacchi hat die Kassation diesmal die Richtung nicht vorgegeben, es obliege dem Oberlandesgericht, den Fall zivilrechtlich zu entscheiden. Strafrechtlich ist das Verfahren mit dem gestrigen Spruch gestorben.
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