Ein klares Jein
Die SVP will sich nach dem verlorenen Flughafen-Referendum nicht noch einmal die Finger verbrennen – und sucht für die anstehende Verfassungsreform nach der richtigen Strategie.
Von Matthias Kofler
Betrifft die Verfassungsreform Südtirol? In der SVP-Fraktion wurde am Montag intensiv darüber diskutiert, welche Position das Edelweiß beim anstehenden Referendum einnehmen soll.
Im Spätherbst wird die Republik Italien über die Abänderung ihrer Verfassung abstimmen müssen, die von Ministerpräsident Matteo Renzi und Reformenministerin Maria Elena Boschi eingebracht wurde. Obwohl die Reform den bei Verfassungsreformen vorgesehenen komplexen Iter durchlief, gibt es nun innerhalb des PD eine große Front für das Nein, das mit einer Gegnerschaft zu Matteo Renzi in Verbindung zu sehen ist. Alle Oppositionsparteien haben sich gesamtstaatlich für ein Nein positioniert, dasselbe geschieht auch in Südtirol, wo sich Freiheitliche, Süd-Tiroler Freiheit, BürgerUnion und Movimento 5 Stelle für ein Nein ausgesprochen haben.
Auch in der Südtiroler Volkspartei wird das Thema sehr kontrovers debattiert. Altsenator Oskar Peterlini ist sogar zum Berater der Nein-Front um Eva Klotz und Pius Leitner geworden.
Die SVP-Fraktion hat sich am Montag auf einer Klausur mit dem Thema befasst, konnte sich aber noch nicht zu einer eindeutigen Position durchringen. Es gibt dem Vernehmen nach wohl einige Abgeordnete, die sich aufgrund der zentralistischen Ausrichtung der Reform eher für ein Nein starkmachen. „Weil es sich um eine Grundsatzentscheidung handelt, wird bei der Abstimmung keine Fraktionsdisziplin eingefordert. Jeder Abgeordnete entscheidet frei nach seinem Gewissen“, hieß es am Montag nach der Klausur.
Andererseits erwarten sich die Parlamentarier der SVP in Rom und Landeshauptmann Arno Kompatscher ein eindeutiges und klares Ja, da es ihnen schließlich gelungen sei, auf Verhandlungsebene eine Schutzklausel einfügen zu lassen, welche die Autonomie Südtirols weiter stärke und auch in die Verfassung eingeschrieben werde.
Die Regierung Renzi erwartet sich im Gegenzug eine Zustimmung zu ihrem Reformprojekt.
Die SVP ist nach dem Flughafen-Referendum ein gebranntes Kind und will nicht das Risiko eingehen, wieder ein Referendum zu verlieren, weshalb nun die Taktierer am Werke sind. So möchte Obmann Philipp Achammer das Augenmerk ausschließlich auf den Teil richten, welches das Land betrifft – nämlich den Südtirol-Artikel. Dazu, meint der Obmann, könne man trotz aller Bedenken ob der zentralistischen Ausrichtung der Verfassungsreform ohne Weiteres mit Ja stimmen. „Ich halte jedenfalls nichts davon, dass wir als Partei sagen: ,Jeder soll beim Referendum tun, wie er will.’ Dann brauchen wir irgendwann zu keinem Thema mehr eine Empfehlung abgeben“, so Achammer.
Mit der Interpretation, sich ausschließlich auf die Schutzklausel zu fokussieren, hat der Obmann schon kritische Abgeordnete wie den Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler überzeugt, der erklärt: „Ich bin als Skeptiker in die Sitzung hineingegangen, tendiere nun aber eher dazu, mit Ja zu stimmen, weil die Schutzklausel das wert ist.“
Die Schutzklausel sieht vor, dass Abänderungen am Autonomiestatut künftig nur mehr im Einvernehmen mit Südtirol erfolgen können. Weiters wird die bilaterale Absicherung Südtirols bekräftigt. Die Klausel sei „die beste, die wir je hatten“, wirbt Landeshauptmann Arno Kompatscher – und hat damit zumindest die Mehrheit der SVP-Fraktion hinter sich. „Wir müssen nur auf Südtirol schauen“, betont Obmann Achammer. Alle anderen mit der Verfassungsreform verbundenen Fragen, etwa die Abschaffung des Zweikammernsystems, die Umwandlung des Senats in eine Regionenkammer usw., hätten Südtirol nicht zu interessieren.
Nun ist Achammer darum bemüht, zu seinem Vorhaben einen breiten Konsens zu finden. Er wird dazu eine erweiterte Ausschusssitzung einberufen, zu der auch die Ortsobleute eingeladen werden. Auf der Sitzung soll dann entschieden werden, mit welcher Position die SVP nach außen gehen soll. „Auch die Kritiker haben dort die Möglichkeit, ihre Bedenken zur Verfassungsreform vorzubringen“, betont der Obmann.
Klar ist: Wie auch immer die Abstimmung auf der erweiterten SVP-Ausschusssitzung ausgehen wird – eine Werbekampagne wie beim Flughafen-Referendum wird es dieses Mal nicht mehr geben. Fraktionsvize Oswald Schiefer ist überzeugt: „So viele Bürger wie beim Flughafen-Referendum werden zu diesem Referendum sicher nicht mehr hingehen.“
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