„Komplexe Angelegenheit“
Zum zweiten Mal wurde heuer die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega bei einer Suchaktion zu Hilfe geholt.
Der erste Einsatz war an der Königspitze Anfang Juli: Der 21-jährige Davide Zanon und die 22-jährige Deborah Meneghini aus der Provinz Vicenza wurden nach langer Suche etwa 500 Meter unterhalb des Berggipfels aufgefunden. Gestern wurde erneut die Schweizerische Rettungsflugwacht angefordert.
Sie verfügt über ein spezielles Ortungsgerät, um das Handy von Vermissten auf zehn Meter orten zu können. Die Südtiroler Rettungsmannschaften fordern schon seit geraumer Zeit ein derartiges System, um Menschenleben retten zu können.
Rudolf Pollinger, Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz, erklärt, warum hiesigen Rettungskräften kein derartiges Gerät zur Verfügung gestellt wird.
TAGESZEITUNG Online: Herr Pollinger, warum hat Südtirol nicht ein derartiges Ortungssystem?
Rudolf Pollinger: Das ist eine sehr komplexe Sache. Das Gerät wird sehr, sehr selten eingesetzt. Ein solches System wird leicht gefordert, ist aber sehr schwierig zu verwalten. Es ist ein Gerät des Innenministeriums, das eine Landesverwaltung nicht so einfach ankaufen kann. Wir können gar keines anschaffen, weil dieses immer nur von der Polizei verwaltet werden kann. Man hat sich deshalb damals entschieden, schon eine vorhandene Lösung, wie sie mit der Rega bestand, weiter in Anspruch zu nehmen. Denn es ist eine sehr heikle Angelegenheit – sonst hätten wir ein derartiges Gerät schon lange.
Warum ist es eine heikle Angelegenheit?
Die Ortungen darf nur die Polizei vornehmen und es braucht einen mit dem Gerät abgestimmten Hubschrauber. Dabei geht es um rechtliche Frage und die Privacy. Auch bei der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega wird die Ortung von einem Polizeibeamten vorgenommen. Daher ist die Zurverfügungstellung des Hubschraubers, die Ortung und alles weitere eine sehr komplexe Angelegenheit.
Wie sieht die Situation derzeit aus?
Zurzeit erstellen wir eine Karte über die Ausstrahlung der Handyumsetzer. Das sollte die Suche von der Luft und vom Boden aus erleichtern. Diese Kartierung steht vor dem Abschluss. Nach dem Abschluss kann man das Thema noch- mals diskutieren.
Ihre Meinung? Brauchen wir ein derartiges Gerät?
Nach Abschluss der Kartierung kann man prüfen, inwieweit das Gerät im Berggebiet eingesetzt werden kann. Die Thematik ist sehr gut zu überlegen und nur in einem größeren Kontext in Angriff zu nehmen – gemeinsam mit der Polizei. Ich persönlich würde den Ankauf derzeit noch mit der Konvention von bestehenden Strukturen ersetzen.
Wo macht diese Ortung keinen Sinn?
Der Einsatz ist interessant, wenn ich weiß, dass die Person ein Handy bei sich hat, bei dem die Batterie noch aufgeladen ist. Zudem braucht es Informationen zum Handy selbst, damit die Ortung überhaupt erfolgen kann. Dazu bedarf es eines eingeschränkten Suchradius, um die Person kurzfristig orten zu können. Wenn ich jedoch nicht genau weiß, wo die Person hingegangen ist, dann muss ich mit einem derartigen System die halbe Welt abfliegen. Dann werden die Vorteile dieses Systems wieder relativiert.
Wie viel kostet ein derartiger Einsatz aus Zürich?
Der Einsatz an der Königspitze kostete 19.000 Euro, er wurde von Versicherungen abgedeckt. Die Kosten hängen von der effektiven Suchzeit vor Ort ab.
Wurden den Rettungskräften Auflagen erteilt, wann sie die Rega holen dürfen?
Nein, das wird von Fall zu Fall entschieden. Die Rettungskräfte machen die Anforderungen und die Agentur für Bevölkerungsschutz entscheidet.
Wurden auch bereits Einsätze abgelehnt?
Nein, ich bin aber erst seit Kurzem hier. Zweimal wurde ein Antrag gestellt und zweimal wurde er genehmigt.
Und wenn der Einsatz am Wochenende erfolgt? Kann es zu Verzögerungen kommen?
Nein, wir haben einen Bereitschaftsdienst und dieser funktioniert gut.
Glauben Sie, dass die Forderung nach einem derartigen Ortungssystem wieder aufkommt?
Natürlich wird immer wieder über eine Optimierung diskutiert und wenn es eine Möglichkeit gibt, dann muss man auch eine Optimierung vornehmen.
Interview: Erna Egger
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