Ist das Vatergeld frauenfeindlich?
Väter, die Elternzeit beanspruchen, erhalten künftig mehr Geld vom Land. Sinnvoller Anreiz oder ungerechte Herdprämie? Warum das Vatergeld im Landtag für Diskussionen sorgt.
Von Anton Rainer
In einer perfekten Gesellschaft, das weiß auch Brigitte Foppa, müsste sie sich mit einer derartigen Zwickmühle gar nicht erst herumschlagen. „Aus pragmatischer Sicht mag es dieses Vatergeld brauchen, um die Männer an die Wiege zu locken“, sagt die Grünen-Abgeordnete, „aber als Frau finde ich es irgendwo demütigend.“
Vor rund einer Woche beschloss Familienlandesrätin Waltraud Deeg, die Elternzeit mit einem Bonus von bis zu 800 Euro pro Monat zu unterstützen. Eltern, die 30 Prozent ihres Einkommens weiterbeziehen, werden mit 400 Euro unterstützt, wer es nur im ersten Monat bezieht, erhält 600 Euro. Der Haken an der finanziellen Aufstockung: Geld gibt es nur, wenn die Väter diejenigen sind, die daheimbleiben. „Wir hoffen, dass sich dadurch das Rollenverständnis insgesamt verändert“, verteidigte LH Arno Kompatscher das familienpolitische Pilotprojekt, „und es zu einer fairen Aufteilung der Familienlasten kommt.“ Faire Welt durch unfaire Herdprämien – vor denen tatsächlich ein ganzer Berg an Arbeit liegt: Nur 10 Prozent der Elternzeiten in Südtirol werden derzeit von Vätern beantragt. Nach Müttern, Großeltern, Verwandten, Freundinnen und Tagesmüttern sind sie häufig die letzten, die sich aktiv um die Betreuung der Kinder bemühen. Erziehung war und ist Frauensache. Sollen nun tatsächlich Väter dafür belohnt werden, dieselbe Arbeit zu machen? „Gerade die Politik fordert immer gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, sagt eine TAGESZEITUNG-Leserin, „und dann geht die öffentliche Hand her und schafft selbst solche Ungleichheit. Aus frauenrechtlicher Sicht ist das doch haarsträubend!“
Anderer Meinung ist man beim Beirat für Chancengleichheit: „Ich finde das Vatergeld gut“, sagt die Vorsitzende Ulrike Oberhammer, „solange die Männer nicht das Kochen lernen, kommen wir bei der Lohngleichheit auch nicht weiter.“ Das Vatergeld als ungeliebte Brücke in eine bessere Welt? „Ganz genau“, meint Oberhammer, „lieber wäre mir auch, man könnte direkt an den Gehältern ansetzen.“
Gleicher Lohn für gleiche Hausarbeit klappt demzufolge eben nur, wenn auch die Privatwirtschaft ihren Arbeiterinnen gerechte Löhne zahlt. Eine perfekte Gesellschaft.
Genau in diesem Wunsch stecke aber schon der erste Trugschluss, meint hingegen Ulli Mair. Die Freiheitliche Abgeordnete ist aus ganz anderen Gründen eine Gegnerin des Vatergelds – und macht ihrem Ärger wortgewaltig Luft: „Linke Frauen wollen ihre perfekte Gesellschaft durch Geldgeschenke erreichen“, sagt Mair, „dabei sollten die Emanzen endlich von ihrem kommunistischen Ross herunter und auf die Mütter hören.“ Als Freiheitliche fordert Mair „mehr Geld für die Familien – aber Schluss mit freiheitsfeindlicher Bevormundung. Paare organisieren sich schon selbst.“ Wenn schon, dann müsse man das Geld auch den Müttern zur Verfügung stellen. „Irgendwie ist der Deeg-Vorschlag männerfeindlich“, sagt Mair. „Linke Frauen gehen davon aus, dass ein Vater durch Geld geködert werden muss, um bei seinem Kind zu bleiben.“
Kann ein Vorschlag, der gleichzeitig als männer- und frauenfeindlich wahrgenommen wird, überhaupt Erfolg haben? Ja, meint Brigitte Foppa, indem man ihn erweitert: „Für jeden Euro, der Vätern die Elternschaft schmackhaft macht, sollte ein Euro in die Förderung der Teilzeit fließen“, findet die Grünen-Abgeordnete. Ein entsprechender Vorschlag sei bereits vor einem halben Jahr zur Prüfung verabschiedet worden – nun gelte es, ihn zu verwirklichen. Wer die Teilzeit vernünftig vorantreibe, so Foppa, könne sich das „unsägliche Vatergeld langfristig sparen“. Für die Diskussionen darüber dürfte das nicht gelten.
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