„Einfach liegen lassen“
23 Schafe wurden am Ferragosto-Wochenende nahe der Stevia-Hütte vom Blitz getötet. Warum sich der Wirt selbst um den Abtransport der verwesenden Tiere kümmern musste.
Von Anton Rainer
Mit dem Schafehüten hat Toni Ploner jahrelange Erfahrung: „Mittlerweile schaue ich nur mehr auf die Tiere“, lacht der Eigentümer der Weideflächen am Stevia in der Gemeinde Wolkenstein. Erst vor rund einem Jahr hatte er die Führung der gleichnamigen Hütte seiner Tochter und deren Mann übergeben.
Auf einen solchen Anblick, wie er sich ihm am diesjährigen Ferragosto-Wochenende bot, aber war Ploner nicht vorbereitet: Er entdeckte 23 Schafe, die in der Nacht von Freitag auf Samstag, den 13. August, vom Blitz getötet wurden. „So etwas“, sagt der Hüttenwirt aus Gufidaun, „habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.“ Rund einen Kilometer von der Stevia-Hütte im Nationalpark Puez-Geisler entfernt, lagen plötzlich zwei Dutzend verendete Tiere, die mehreren umliegenden Bauern gehörten. Ein wirtschaftlicher Verlust, klar – aber für Toni Ploner in erster Linie eine logistische Herausforderung. „Ich habe mich noch am Sonntag beim Tierärztlichen Dienst des Landes gemeldet“, sagt Ploner, „ich wollte, dass der Abtransport möglichst schnell passiert.“
Obwohl die Tierkadaver mehrere hundert Meter vom nächsten Wanderweg entfernt lagen, weiß der Hüttenwirt, wie schnell ein totes Schaf zum Problem werden kann – geschweige denn 23. „Entweder man bringt sie sofort weg, oder man kann sich der Gegend schon bald nur mehr mit Gasmasken nähern“, sagt Ploner.
Doch der Anruf beim tierärztlichen Dienst verlief ernüchternd: Als der Hüttenwirt die Frage, ob sich denn ein Gewässer in der Nähe befinde, verneinte, lautete der Ratschlag: „Einfach liegen lassen“ – zumindest vorübergehend. „Das war der Moment, in dem ich beschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen“, sagt Ploner. Innerhalb weniger Stunden orderte er einen Privathubschrauber, der die Tiere in zwei Flügen kurzerhand ins Tal transportierte – auf eigene Rechnung, versteht sich. Muss ein Hüttenwirt die blutigen Folgen eines Blitzeinschlages tatsächlich selbst beseitigen?
„Eigentlich nicht“, sagt Paolo Zambotto. Der Amtsdirektor des Landestierärztlichen Diensts geht von einem „Missverständnis mit dem diensthabenden Tierarzt am Ferragosto-Wochenende“ aus. Zwar gebe es gemäß Landesregierungsbeschluss aus dem Jahr 2013 („Richtlinien zur Bergung von Vieh mittels Hubschrauber“) ein klares Nein zum Abtransport von Kleintieren – aber: „Die Spielregeln kennen auch eine wichtige Ausnahme.“
Im Beschlusstext heißt es dazu:
Kleintiere, wie z.B. Schafe u.Ä., können grundsätzlich nicht mittels Hubschrauber geborgen werden, außer es handelt sich um eine größere Anzahl.
Sind 23 Schafe eine „größere Anzahl“? Ja, sagt Paolo Zambotto, „definitiv.“ Mit Toni Ploner, der den Privathubschrauber so schnell geordert hatte, dass die an Ferragosto nicht gerade gut besetzten Landesstellen nicht mehr intervenieren konnten, wird derzeit über eine spätere Rückvergütung der empfindlich hohen Rechnungen verhandelt. Immerhin: Bis jetzt musste er sie noch nicht bezahlen.
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