„Den Kompass verloren“
Warum sich Ex-Landtagspräsidentin und Frauenrechtlerin Julia Unterberger gegen die Wiedereröffnung von Bordellen ausspricht – und der Linken „Ignoranz und Naivität“ vorwirft.
Tageszeitung: Frau Unterberger, was sagen Sie zu dem Vorschlag des Bozner Bürgermeisters, die Prostitution in Italien zu legalisieren?
Julia Unterberger: Die Forderung ist an sich ein totaler Schmarrn, die Prostitution ist in Italien bereits legal. Jede Frau kann sich wo und wie sie will prostituieren – nur darf niemand etwas daran verdienen. Die Frage der Ausbeutung wird im italienischen Recht sehr restriktiv aufgefasst, es darf keine Art des Mitverdienens an der Tätigkeit der Prostituierten geben.
Das war früher anders?
Die klassischen Freudenhäuser waren so aufgebaut, dass neben den Zuhältern auch der Staat daran verdiente. Heute kann jede Prostituierte in der eigenen Wohnung ihrer Tätigkeit nachgehen. Frauenrechtlerinnen schlagen schon lange vor, dass Prostituierte sich zu einer Genossenschaft zusammenschließen und gemeinsam ein Haus betreiben können. Nur die Zuhälterei muss verboten bleiben. In diesem Sinne ist das Gesetz gut durchdacht und es unterscheidet sich stark von dem Recht anderer europäischer Staaten.
Inwiefern?
In Europa gibt es radikale Unterschiede, was die Regelung der Prostitution betrifft. In manchen Ländern ist der Erwerb sexueller Handlungen verboten und es werden die Freier bestraft, in anderen sind Freudenhäuser erlaubt. In Deutschland sind nicht nur Freudenhäuser erlaubt. Die Prostituierten können als abhängig Beschäftigte eingestellt werden, sie zahlen Steuern und haben Anrecht auf eine Rente. Das klingt für manche gut, es ist aber in Wirklichkeit sehr problematisch, die Prostitution als Beruf zu behandeln. Erstens sind Prostituierte damit gegenüber ihrem Arbeitgeber weisungsgebunden und zweitens soll dann Mädchen bei der Berufswahl auch dieser Beruf angeboten werden? Italien hat den Mittelweg eingeschlagen und die klassischen Freudenhäuser verboten. Das ist auch gut so.
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