Um den Finger gewickelt?
Die SVP plant eine große Reform, welche die Einführung einer Parteienfinanzierung und ein neues Wahlgesetz vorsieht: Doch dafür muss sie die Opposition mit ins Boot holen.
Von Matthias Kofler
Die SVP bastelt an der größten Landtags-Reform der letzten Jahrzehnte: Geht es nach Dieter Steger und Co., soll noch im Herbst ein umfassender Gesetzesentwurf erarbeitet werden, der drei Ziele verfolgt: Es soll erstens eine Parteienfinanzierung auf Landesebene eingeführt werden, mit der die klammen Parteikassen saniert werden können. Gleichzeitig soll mittels einer geschickten Auslegung der Rechtslage die staatlich vorgeschriebene Anpassung der Politikergehälter verhindert werden. Und drittens soll mittels der Einführung des Vollmandats im Landeswahlgesetz sichergestellt werden, dass die SVP bei den kommenden Landtagswahlen – auch bei weniger Wählerstimmen – mindestens gleich viele Mandate erhält.
Doch um die Reform umsetzen zu können, ist die SVP auf die Mithilfe der Opposition angewiesen. Nicht nur aus optischen Überlegungen – es sieht besser aus, wenn die Reform einen breiten Konsens der Fraktionen genießt –, sondern auch aus formellen Gründen: Ohne Zweidrittelmehrheit kann der Gesetzentwurf nämlich einer Volksbefragung unterzogen werden.
Der Hintergrund: Laut Artikel 47 des Autonomiestatuts muss es bei einer Abänderung des Landtagswahlgesetzes mittels eines sogenannten Satzungsgesetzes laut Art. 47 des Autonomiestatuts eine Volksabstimmung geben, wenn ein Fünfzigstel der Wahlberechtigten (rund 8.200 Bürger) unterschreiben oder sieben Landtagsabgeordnete dies verlangen. Es sei denn, das Gesetz wird mit Zweidrittelmehrheit genehmigt.
Damit ist klar: Die Wahlrechts-Reform muss von mindestens 23 Landtagsabgeordneten mitgetragen werden. Weil die SVP mit dem Koalitionspartner PD nur über 19 Stimmen verfügt, müssen mindestens vier Oppositionspolitiker mit ins Boot geholt werden.
Theoretisch könnte dann immer noch eine Volksabstimmung zum Wahlgesetz abgehalten werden. Dafür müssten aber mindestens 27.000 Unterschriften gesammelt werden. Die Abgeordneten können die Abstimmung nicht mehr selbst in die Wege leiten.
Als die TAGESZEITUNG im Sommer die SVP-Wahlreform enthüllte, hielt sich die Begeisterung von Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit und Co. in Grenzen. „Selbst eine blinde Kuh durchschaut die Manöver der SVP“, sagte Pius Leitner, Fraktionschef der Freiheitlichen. Es sei mittlerweile in europäischen Staaten und Ländern zur schlechten Gewohnheit der Regierungen geworden, „drohende Mandatsverluste dadurch abzuwenden, dass man kurzfristig die Wahlgesetze ändert“. Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit meinte: „Wir haben überhaupt keinen Grund, der SVP einen Gefallen zu machen.“
Hier kommt nun der zweite Baustein der Reform – nämlich die Parteienfinanzierung – ins Spiel: Streng genommen wäre auch das von der SVP geplante Parteienfinanzierungsgesetz ein Satzungsgesetz. Das derzeit im Landtag zur Debatte stehende Gehältergesetz zur Reduzierung der Landesregierungsgehälter hingegen nicht. Zudem ist eine Abstimmung über die Gehälter der Organe des Landes nicht zulässig.
Der Vorschlag der SVP läuft derzeit darauf hinaus, die Parteienfinanzierung über einen Finanzierungsschlüssel zu gestalten: Die Wählerstimmen legen fest, wie viel Geld eine Partei vom Land erhält. Diese Regelung müsste allerdings auch per Satzungsgesetz eingeführt werden – als solches kann es dann auch einer Volksabstimmung unterzogen werden. Außer: Es wird mit Zweidrittelmehrheit genehmigt.
Deshalb versucht die SVP fieberhaft, den drei größeren Oppositionsfraktionen – sprich Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit und Grünen – den Mund wässrig zu machen: Die großen Fraktionen würden sowohl beim Parteienfinanzierungsgesetz als auch beim Wahlgesetz mit Hürden mitprofitieren. Die Opposition steht dem Vorschlag zur Parteienfinanzierung nicht ablehnend gegenüber, weil sie – im Gegensatz zu den Parlamentsparteien SVP und PD – schon jetzt kein Geld mehr aus Rom erhält.
Für die klamme SVP-Kasse wär die Parteienfinanzierungsschiene ein enormer Gewinn. Sie erhielte dann bis 2018 die Wahlkampfkostenrückerstattung als Parlamentspartei in Rom und Brüssel und zusätzlich eine Parteienfinanzierung über die Südtiroler Schiene.
Ob die Reform verabschiedet werden kann, hängt ganz davon ab, ob die großen Oppositionsparteien mitspielen. Freiheitliche, Grüne und Co. werden eine ganz einfache Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen: Bringt es ihnen mehr, wenn sie auf das Boot der Mehrheit aufspringen – oder wenn sie die Reform im Landtag versenken?
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