„Sonst greifen wir durch“
Landesrätin Martha Stocker lässt den Status Quo der Flüchtlingssituation erheben – und droht unkooperativen Gemeinden mit neuen Unterkünften.
In Südtirol wurden bisher anhand des errechneten gesamtstaatlichen Verteilungsschlüssels von 0,9 Prozent etwa 1.000 vom Staat zugewiesene Asylbewerber aufgenommen. „Aufgrund der Entwicklungen aber müssen wir mit einer Zunahme des Bedarfs rechnen“, gibt Soziallandessrätin Martha Stocker zu bedenken. „Deshalb haben wir uns bereits im April dieses Jahres auf die Suche nach insgesamt 700 neuen Plätzen gemacht. Ungefähr 370 davon wurden zum Teil bereits realisiert oder es gibt konkrete Standorte“. In den nächsten Wochen müssen deshalb noch weitere 330 Aufnahmeplätze für Asylantragsteller ausfindig gemacht werden.
Von der Schaffung neuer Plätze ausgenommen sind aktuell die Stadtgemeinde Bozen, da diese im Verhältnis zur Bevölkerung bereits deutlich mehr Asylbewerber aufnimmt als die restlichen Bezirke, sowie der Bezirk Wipptal, der die vorgesehene Quote erfüllt.
Bereits in den vergangenen Wochen und Monaten hatte die Landesrätin die Bezirksgemeinschaften in die Pflicht genommen und um die Bereitstellung von weiteren Unterkünften gebeten, mit unterschiedlichem Erfolg. „Leider haben wir nicht die gewünschte Resonanz von den Gemeinden erhalten. Obwohl sich die Präsidenten der Bezirksgemeinschaften sehr wohl ihrer Verantwortung bewusst sind, entspricht die Anzahl und Aufteilung der Plätze für Asylantragsteller noch immer nicht dem Gedanken von gelebter Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Bezirken. Verfügbare Immobilien werden fast nie direkt von den Gemeinden gemeldet, in der Hoffnung, dass in der Zwischenzeit andere Lösungen gefunden werden“, stellt Landesrätin Stocker fest.
Bei einem Treffen zwischen Landesrätin Stocker, dem Direktor der Abteilung Soziales Luca Critelli, den Präsidenten der Bezirksgemeinschaften, dem Bürgermeister der Stadt Bozen Renzo Caramaschi und dem Präsidenten des Gemeindenverbandes Andreas Schatzer wurden nun die aktuelle Flüchtlingssituation und mögliche weitere, gemeinsame Schritte besprochen.
Sollten bis Ende August nicht definitive Lösungen für weitere Aufnahmeplätze zur Verfügung stehen, wird man von Seiten der Landesverwaltung durchgreifen müssen. „Wir ersuchen die Gemeinden nochmals um ihre Zusammenarbeit, mit uns gemeinsam eine Auswahl an geeigneten Standorten zu treffen. Sollte dies nicht eintreffen, werden wir Immobilien oder Areale, die sich im öffentlichen Besitz befinden oder ausfindig gemacht werden, dieser Bestimmung zuführen müssen, gegebenenfalls auch ohne die bislang versuchte Einbeziehung der Gemeinden“, erklärt Landesrätin Stocker.
Von den derzeit bereits 1.001 untergebrachten Asylanstragstellern leben 524 Personen in Unterkünften der Landeshauptstadt, 213 im Burggrafenamt, 50 im Vinschgau, 48 im Bezirk Überetsch Unterland, 44 im Bezirk Salten Schlern, 12 im Eisacktal, 66 im Pustertal und 44 im Wipptal, aufgeteilt auf insgesamt 18 Unterkünfte. Noch zu bestimmen oder in Betrieb zu nehmen sind folgende Aufnahmeplätze: 64 im Burggrafenamt, 44 im Vinschgau, 161 im Bezirk Überetsch Unterland, 91 im Gebiet Salten Schlern, 139 im Eisacktal und 148 im Pustertal.
Dabei sind in der Anzahl der fehlenden Plätze auch Standorte inbegriffen die zwar bereits feststehen, wie Schlanders, Innichen, Auer und Wengen, aber noch nicht aktiv sind, sowie Standorte für welche es bereits relativ konkrete Lösungen gibt. Die Voraussetzungen für Immobilien, welche als Unterbringung für Asylanstragsteller in Betracht gezogen werden können, bleiben die gleichen: sie müssen unmittelbar oder nach geringen baulichen Eingriffen zur Verfügung stehen und Platz für mindestens 25 Personen bieten.
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