„Kompatscher bemüht sich“
Der heftige Streit zwischen den Südtiroler Busunternehmern geht weiter. Das Land wolle der SAD Linien entziehen, behauptet Ingemar Gatterer. Jetzt redet SAD-Berater Luis Durnwalder.
von Heinrich Schwarz
In der Nahverkehrs-Szene kursiert das Gerücht, Landeshauptmann Arno Kompatscher habe SAD-Chef Ingemar Gatterer und dessen Berater Luis Durnwalder bei einem Treffen aus dem Büro geschmissen. Gatterer habe im verbalen Umgang mit dem Landeshauptmann eine Grenze überschritten.
„Von Hinausschmeißen kann keine Rede sein“, sagt SAD-Berater Luis Durnwalder auf Nachfrage. „Der Landeshauptmann hat sehr viel Geduld bewiesen. Als er gesehen hat, dass keine Einigung möglich ist, hat er gesagt, er müsse leider zu einer anderen Sitzung gehen.“ Arno Kompatscher, so Durnwalder, sei sehr darum bemüht, eine Einigung im Streit der Busunternehmer zu finden.
Dass Ingemar Gatterer oftmals zu forsch an die Sachen rangeht, streitet Luis Durnwalder nicht ab: „Gatterer ist ein ausgezeichneter Unternehmer. Ich staune immer wieder, wie gut er vorbereitet ist. Er hat aber seine eigene Art und schießt ab und zu sehr scharf.“
Wie die TAGESZEITUNG exklusiv berichtete, gab es am Mittwochnachmittag eine Krisensitzung zum Bus-Streit. Sie war vom Direktor der Landesabteilung Mobilität, Günther Burger, kurzfristig einberufen worden. Anwesend waren neben Burger SAD-Geschäftsführer Ingemar Gatterer, SAD-Generaldirektor Mariano Vettori, SAD-Berater Luis Durnwalder, LiBUS-Präsident Markus Silbernagl, KSM-Präsident Martin Plattner und lvh-Präsident Gert Lanz.
Zwischen Ingemar Gatterer und Markus Silbernagl ist – wie berichtet – ein regelrechter Krieg entfacht. Im Hintergrund geht es um die anstehende Neuausschreibung aller öffentlichen Busdienste in Südtirol im kommenden Jahr. Silbernagl – Besitzer des gleichnamigen Busunternehmens – sowie die Unternehmen Pizzinini und Rainer hatten im vergangenen Winter – anders als die im Konsortium KSM vereinten Mietwagenunternehmen – kein Abkommen mit der SAD abgeschlossen, wonach man bei der anstehenden Ausschreibung gemeinsam antritt.
Vordergründig streitet man sich derzeit aber um einen Beschluss der Landesregierung vom Mai 2016. Demnach dürfen Unteraufträge im Nahverkehr nur mehr dann an Mietwagenunternehmen vergeben werden, „wenn die anderen Linienkonzessionäre nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen.“ Bevor Reisebusse eingesetzt werden, müssen also alle öffentlich finanzierten Linienbusse zum Einsatz kommen.
Für die SAD war dieser Beschluss schlichtweg die Reaktion auf eine kurz zuvor getätigte Maßnahme: SAD-Chef Ingemar Gatterer wertete die Ablehnung des Abkommens als Angriff auf die SAD – und entzog den drei aufsässigen Betrieben im Frühjahr die bestehenden Unteraufträge.
Zum besseren Verständnis: Die SAD hat aktuell rund ein Viertel ihrer Busdienste als Unteraufträge weitervergeben. 35 Mietwagenunternehmen des KSM stehen mit rund 65 Bussen im Einsatz.
Diese Kleinbetriebe fürchten nun um ihre Existenz. Denn als Reaktion auf den Beschluss der Landesregierung hat Ingemar Gatterer gedroht, 65 neue Busse anzukaufen. Somit könnte die SAD alle Dienste selbst erbringen, wodurch die Mietwagenunternehmen durch die Finger schauen müssten.
Gatterers Hintergedanken: Er will nicht, dass seine im Konsortium LiBUS angesiedelten Konkurrenten um Markus Silbernagl weitere Liniendienste erhalten und somit wachsen. In einem Schreiben hat LiBUS der SAD nämlich mitgeteilt, dass man Dienste übernehmen könne, weil man mehr Linienbusse zur Verfügung habe, als man zur Abdeckung der eigenen Dienste brauche. Wie Silbernagl gegenüber der TAGESZEITUNG erklärte, könne LiBUS aber ohnehin nur zehn der 110 bestehenden Subkonzessions-Dienste übernehmen. Mit dem KSM habe man bereits vereint, sich die Dienste fair aufzuteilen.
Doch Ingemar Gatterer spielt dabei nicht mit. Auf Nachfrage erklärt er: „Es geht mir weniger darum, ob Silbernagl heute zehn oder fünf Dienste bekommt. Entscheidend ist, dass das Prinzip gebrochen wird. Es kann nämlich nicht sein, dass einige Linienkonzessionäre bestimmen können, wie viele Linien und vor allem welche Linien sie vom Gesamtpaket, das die SAD vergibt, erhalten. Wenn sich diese Rechtsanwendung nämlich durchsetzt, können es heute fünf und morgen 25 sein – dies hängt dann ausschließlich vom ‚Gierverhalten’ von Silbernagl und LiBUS ab. Der Beschluss der Landesregierung ist demnach ein ‚Selbsbedienungsladen’, der seinesgleichen erst suchen muss.“
Für Gatterer ist klar: „Ziel der Aktion des Landes ist es, den Nahverkehrsmarkt neu zu ordnen und der SAD Linien zu entziehen.“
Luis Durnwalder kann dem nur beipflichten: „Natürlich ist das der Hintergrund. Man muss aber anerkennen, dass Gatterer mit viel Geld versucht hat, die Aktien der SAD aufzukaufen. Jetzt, wo die SAD kein italienischer Betrieb mehr ist, sondern ein hiesiger, geht man auf einmal strenger vor.“
Durnwalder versteht sich im Bus-Streit als Vermittler:
„Es hat keinen Sinn, dass man die SAD provoziert, dass sie 65 neue Busse mit öffentlichen Geldern ankauft und alle Dienste selbst übernimmt. Schließlich stehen bereits genügend Busse im Einsatz. Und es ist ja auch wichtig, dass die SAD den kleinen Betrieben eine Arbeit gibt, die am Rande der Rentabilität stehen. Es kann aber nicht hingenommen werden, dass das Land darauf besteht, die Unteraufträge zuerst LiBUS anzubieten. Damit kann LiBUS aussuchen, was es will. Letztendlich ist aber die SAD dafür verantwortlich, dass die Dienste ordentlich ausgeführt werden. Die SAD verlangt nichts Zusätzliches, sondern nur, dass bis zur Neuausschreibung alles belassen wird, was ihr zugesprochen wurde.“
Der Status Quo solle als beibehalten bleiben – auch im Hinblick auf die anstehende Neuausschreibung. „Die Großen sollten die Kleinen nicht an die Wand spielen, sondern es sollten alle zusammenarbeiten. Ich glaube, das möchte auch der Landeshauptmann. Jeder sollte seine bisherigen Kilometer beibehalten können – mit der Möglichkeit, diese untereinander im Sinne einer höheren Effizienz und Qualität auszutauschen. Über alles, was neu dazukommt, kann man an einem Tisch diskutieren“, meint Luis Durnwalder. „Ansonsten kommt wie beim Behindertentransport am Ende jemand von außerhalb und die Südtiroler Unternehmen schauen durch die Finger.“
Der Alt-Landeshauptmann ist überzeugt, dass es noch zu einer Einigung kommt, falls beide Seiten – Gatterer und Silbernagl – ihre Gangart etwas zurückschrauben: „Wenn alles so bleibt wie es ist, dürften alle zufrieden sein.“ Das KSM rufe Durnwalder jeden Tag an und bitte ihn um Hilfe. „Ich erkläre ihnen, dass die SAD ihnen gerne weiterhin Unteraufträge vergibt, aber nicht will, dass LiBUS diese frei auswählen kann“, so Durnwalder.
Indes versucht SAD-Chef Ingemar Gatterer im Hinblick auf den Beschluss der Landesregierung zu den Unteraufträgen weiter, einen Machtausbau seiner Gegner um Markus Silbernagl zu verhindern. Seine neue Strategie: Er will die freien Busse des Konsortiums LiBUS anmieten. Dies sei laut Beschluss der Landesregierung möglich – und kostenlos.
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