Der Zins-Trick
Banken dürfen den Zinssatz nicht nach Gutdünken festlegen. Die Verbraucherzentrale rät, die Zinsklausel zu kontrollieren.
Herr J. zahlt seit 20 Jahren ein Darlehen ab.
Er hatte aus den Medien erfahren, dass die Basisparameter für Darlehen gegen Null tendierten, oder gar negative Werte aufwiesen, und wunderte sich, warum der Zinssatz seines Darlehens seit einigen Jahren nicht mehr abgeändert worden war.
Herr J. ließ daher die Experten der VZS einen Blick auf seinen Darlehensvertrag werfen.
Den BeraterInnen war sofort klar, dass die im Vertrag vorgesehene Zinsklausel nicht den gesetzlichen Auflagen entspricht. Im Darlehensvertrag wurde ein Zinssatz in Höhe von 4% festgelegt; im Vertrag räumte sich die Bank das Recht ein, den Zinssatz einseitig zu ändern. Und effektiv war der Zinssatz im Laufe der Zeit immer wieder von der Bank abändert worden. Anhand des Tilgungsplanes konnte man feststellen, dass der aktuell angewandte Zinssatz bei über 6% lag und seit 2009 nicht mehr geändert worden war.
Der Berater der VZS musste also feststellen, dass der Zinssatz nicht eindeutig definiert war: fixe Zinsätze werden nicht abgeändert, und variable Zinssätze werden nicht in absoluten Zahlen im Vertrag festgelegt. Die Zinsklausel eines Darlehens mit variablen Zinssatz muss einen Parameter (normalerweise Euribor 1M, 3M oder 6M) und einen Aufschlag (Spread) vorsehen.
Der angewandte Zinssatz besteht dann aus dem Parameter, der die variable Komponente des Zinssatzes darstellt zusammen mit dem Aufschlag. Während die variable Komponente periodisch an die Marktlage angepasst wird, und der Zinssatz somit variiert, darf der Spread keine Änderung (ausgenommen Fälle, in denen die KundInnen einverstanden sind) erfahren.
Der Zinssatz in seiner Eigenschaft als „Preis des geliehenen Geldes“ ist zugleich ein Gegenstand des Vertrages. Der Gegenstand ist ein wesentlicher Bestandteil des Vertrages, und muss entweder bestimmt oder bestimmbar sein. Ist dem nicht so, kann der Vertrag angefochten werden. Der Berater der VZS beanstandete gegenüber der Bank die für den Kunden äußerst unvorteilhaft formulierte Zinsklausel, die der Bank weiteste Abänderungsmöglichkeiten einräumte, und es dem Kunden eigentlich nicht erlaubte, die Zinsänderungen nachzuvollziehen.
Obschon die Bank ursprünglich verlauten ließ, hier korrekt gehandelt zu haben, und allen Auflagen entsprochen zu haben, war es im Verhandlungswege letztendlich doch möglich, eine für den Kunden weitaus vorteilhaftere Lösung zu erwirken. Durch das Eingreifen der VZS konnte der Verbraucher seine Restschuld merklich reduzieren und das Darlehen vorzeitig tilgen.
Der Tipp an alle DarlehensnehmerInnen: die Zinsklausel des eigenen Darlehens sollte man von Zeit zu Zeit wieder nachlesen, und dann überprüfen, ob sie richtig umgesetzt wird (Parameter, Spread, Laufzeit, …).
Dies gilt insbesondere für ältere Darlehen (vorallem jene vor 2010), die unterzeichnet wurden, bevor der Gesetzgeber umfangreiche Schutzvorgaben für VerbraucherInnen eingeführt hat.
Weiters laden wir all jene, die bei einer von der Aufsichtsbehörde (AGCM) bestraften Raiffeisenkassen ein Darlehen mit Untergrenze abbezahlen, ein, sich bei der VZS zu melden.
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