„Ich wollte nie in die Politik“
Jakob Zeller wollte von der Politik und dem Juristen-Dasein nichts wissen. Er hat sich für einen Beruf als Koch entschieden und arbeitet zurzeit in einem der besten Lokale der Welt in Schweden.
Tageszeitung: Herr Zeller, wie kommt man als Südtiroler Koch nach Schweden?
Jakob Zeller: Ich habe vor sechs Jahren im „Noma“ in Kopenhagen ein Praktikum gemacht und dort meinen heutigen Chef Magnus Nilsson bei einer Köche-Konferenz kennengelernt. Er hat damals sein neues Restaurant vorgestellt und ich war eigentlich ziemlich schnell begeistert von seiner Philosophie.
Sie arbeiten bei einem der besten Köche der Welt in einem der wohl interessantesten Restaurants…
Es ist sicher eines der außergewöhnlichsten Restaurants der Welt. Wie das Restaurant funktioniert ist einfach anders. Im Restaurant finden pro Abend maximal 24 Gäste Platz. Es wird nur ein Menü serviert und alle Gäste essen zur gleichen Zeit.
Welche Philosophie steckt dahinter?
Wenn man es ein bisschen aus einem größeren Blickwinkel betrachtet, muss man ein Abendessen im „Fäviken Magasinet“ wie ein Event sehen: Unsere Gäste kommen in dieses Gebiet nur um unser Restaurant zu besuchen. Dafür haben sie eine bestimmte Reise auf sich genommen und unsere Gerichte sollen diese Erfahrung, in den Norden von Schweden zu reisen, wiederspiegeln. Zudem werden alle Gäste zeitgleich bedient, was uns in der Küche wiederum viele neue Möglichkeiten eröffnet. Zehn Leute arbeiten immer an einem Gericht und daher kann man viele Kochtechniken anwenden.
Sie gelten als rechte Hand des Chefs. Wie sieht Ihr Alltag aus?
Ich arbeite viel an der Entwicklung von neuen Gerichten, helfe Magnus Nilsson aber auch bei der Qualitätskontrolle und der Organisation im Restaurant.
Warum wollten Sie Koch werden?
Ich habe schon als Kind immer wahnsinnig gerne gekocht und früh damit angefangen. In der Oberschule habe ich mit Freunden begonnen für andere Leute zu kochen – irgendwann auch gegen Bezahlung. Damit war für mich einfach klar, dass ich das machen möchte – ich konnte mir nichts anderes vorstellen.
Sie sind der Sohn von zwei bekannten Anwälten und Politikern in Südtirol – Karl Zeller und Julia Unterberger. Wollten Sie es ihnen nie gleichtun und auch in die Politik?
Nein (lacht). Das hat mich eigentlich nie interessiert. Vielleicht war ich aber auch zu vorbelastet aufgrund meiner Eltern.
Was haben Ihre Eltern gesagt, als Sie Koch werden wollten? Waren Sie geschockt?
Ein bisschen (lacht). Recht begeistert waren sie von meiner Entscheidung nicht. Mein Vater hat mich mit 16 oder 17 Jahren zu einem Praktikum in eine Küche geschickt, damit ich sehe, wie es wirklich zugeht, weil er dachte, dass er mich damit abschrecken kann – aber das hat nicht wirklich funktioniert (lacht).
Was fasziniert Sie am Restaurant in Schweden? Warum sind Sie dort hängen geblieben?
Mich faszinieren das Restaurant an sich und die Produkte vor Ort. Man hat im Sommer immer super Produkte, aber im Winter fehlen diese frischen Produkte. Das habe ich in Südtirol gemerkt und hier in Schweden ist die Vegetationszeit natürlich noch kürzer. In drei Monaten wachsen bei uns Sachen und in den restlichen Monaten arbeiten wir mit frischen Produkten die wir eingelegt oder konserviert haben. Wir arbeiten hier viel mit alten Konservierungsmethoden, die teilweise in Vergessenheit geraten sind. Im Winter wird das Essen gerne fad, weil man kein hochwertiges Gemüse findet oder zu oft das gleiche kocht und mit diesen Konservierungsmethoden kann man viel erhalten.
Sie kochen aber auch mit Baumrinde und Moos…
Ja, aber das ist eigentlich nichts Neues. Getrocknete und geriebene Baumrinde wurde früher, auch bei uns, dazu verwendet um Mehl zu strecken. Flechten waren ein Kaffeeersatz. Wir recherchieren viel, was man aus den Produkten machen kann, die man im Wald findet und man findet interessante Sachen heraus. Heute ist alles überall in beliebigen Mengen erhältlich und das ist oft auch einfacher und praktischer, als irgendwo im Wald eine Rinde vom Baum zu kratzen – aber genau das macht den Unterschied.
Erst im Juni haben Sie das schwedischen Königspaar eine Woche lang auf ihrer Reise in Bhutan und bekocht. Wie ist es dazu gekommen?
Das war auch für uns eine Premiere. Es ist bei Staatsbesuchen oft so, dass die Gastgeberfamilie ein Essen zu Ehren des Gastes veranstaltet und auch die Gastfamilie den Gastgebern ein Essen zubereitet. Wir waren sozusagen das Gastgeschenk.
Was haben Sie erlebt?
Bhutan ist ein faszinierendes Land und es war sicher eine tolle Erfahrung und Möglichkeit für uns. Wir haben für die Königsfamilie ein Menü nach unserer Philosophie kreiert, haben aber alle Zutaten und Elemente erst in Bhutan besorgt. Wir hatten zwei Tage Zeit verschiedene Produkte anzuschauen und kennenzulernen und haben damit das Menü zusammengestellt.
Worauf muss man achten, wenn man für einen König kocht?
Für uns war es eigentlich so, als würden wir für normale Gäste kochen. Der König von Schweden ist ziemlich locker, aber der König von Bhutan hat sich ziemlich streng an die Regeln des Protokolls gehalten. Sie verstehen aber auch, dass wir nicht jede Regel ihres Protokolls kennen. Es war aber recht interessant zu sehen, wie man einen König behandeln müsste.
Das Leben in Schweden können sich viele Südtiroler wahrscheinlich nicht vorstellen. Im Sommer scheint die Sonne 24 Stunden lang und im Winter sinken die Temperaturen auch auf -40 Grad Celsius. Haben Sie sich an das Wetter gewöhnt?
(lacht) Nein. Das Wetter im Sommer finde ich super – daran könnte ich mich gewöhnen. An den Winter eher nicht. Im Sommer wird es nie dunkel, der Tag hört nie auf und man hat total viel Zeit – man erlebt auch, dass die Leute viel mehr Energie haben.
Der Winter wird aber lang…
Ja, der Winter ist hart. Im letzten Dezember hatten wir beispielsweise nur 10 Sonnenstunden im gesamten Monat und das schlägt ziemlich aufs Gemüt.
Wollen Sie irgendwann nach Südtirol zurückkommen?
Ich denke, dass ich irgendwann wieder nach Südtirol zurückkommen werde. Desto länger man weg ist und je mehr man herumkommt, umso mehr sieht man, wie schön es eigentlich bei uns ist.
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