Absurde Sanktionen
Die Betriebe in Südtirol klagen über hohe Strafzettel bei Verstößen gegen die Arbeitssicherheit. Die zuständigen Kontrollorgane machen sich nicht sehr beliebt – erledigen aber schließlich nur ihren Job. Die kuriosesten Fälle.
von Manuel Lavoriero
Wer in puncto Arbeitssicherheit seine Hausaufgaben nicht erledigt, den erwarten saftige Geldstrafen. Selbst wer glaubt, sich im grünen Bereich zu befinden und scheinbar alle Vorschriften eingehalten zu haben, kann ein blaues Wunder erleben. Bei der langen Checkliste für Sicherheit am Arbeitsplatz übersehen die Betriebe schon mal die ein oder andere Vorgabe – mit schwerwiegenden Folgen.
Italiens rechtliche Regelungen sind eben streng.
Die Unternehmer fürchten sich hierzulande vor den vom Arbeitsinspektorat und anderen Institutionen durchgeführten Kontrollen zur Arbeitssicherheit. „Sie fühlen sich von den Kontrollen regelrecht terrorisiert“, heißt es vonseiten einiger Sicherheitsbeauftragter. Da der Arbeitgeber unter Zugrundelegung eines Arbeitsverhältnisses einem Arbeitnehmer Weisungen erteilt, ist er auch für die Folgen eventueller Fehlhaltungen voll verantwortlich.
„Auf jedes Detail wird geachtet und jede noch so kleine Unachtsamkeit bestraft“, so die Fachexperten. Die Vorschriften seien übertrieben und absurd – und würden nicht unbedingt für erhöhte Achtsamkeit und Arbeitssicherheit sorgen. Das Problem Arbeitsschutz müsse anders angegangen werden.
Am Mittwoch wurde dazu ein neues Programm der Provinz in Zusammenarbeit mit dem Handels- und Dienstleistungsverband (hds) namens „Provisio“ vorgestellt. Es soll die Verwaltung der Arbeitssicherheitspapiere erleichtern und den Zeitaufwand bei der Erstellung von Protokollen verringern.
Wer nun glaubt, die harten Bestrafungen würden aufhören, der hat sich jedoch zu früh gefreut: Strafrechtlich ändert sich nichts, in dieser Angelegenheit hat das Land noch immer nicht die Befugnis, selbst neue Regelungen zu entwerfen.
Die Aufregung bei Südtirols Unternehmen bleibt also weiterhin bestehen. Vor allem bei Handwerkern und kleineren Betrieben könnte ein leichtfertiger Umgang zu finanziellen Problemen führen. Mildere Verstöße werden nach wie vor mit den härtesten Strafen geahndet.
Ein Beispiel: Vergisst der Arbeitgeber, ein vom Gesetz vorgeschriebenes Sicherheitsschild am Arbeitsplatz zu befestigen, wird er mit einer Haftstrafe von drei bis sechs Monaten oder mit einer Geldbuße in Höhe von 2.740 bis 7.014 Euro bestraft. Kein Arbeitgeber könne sich angesichts solcher Konsequenzen „sicher“ fühlen, so die zuständigen Sicherheitsfachkräfte.
Hinzu kommen rund 700 Verpflichtungen, die zu Lasten der Arbeitgeber im sogenannten „Einheitstext zur Arbeitssicherheit“ angeführt werden. Das Gesetz schreibt ausdrücklich vor, dass man alle Risiken bewerten muss – ohne Ausnahme. Dabei hätten die Auflagen Beobachtern zufolge mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das kaum mehr zu bewältigen sei.
Auch die Dokumentation zur Risikobewertung, wie sie großteils in ihrer jetzigen Form ausgearbeitet und durchgeführt wird, sei oft nur eine Formalität. Berater und Verbände nutzen die aktuelle Lage und bieten allerlei Dienstleistungen an, um den Unternehmern ein Sicherheitsgefühl zu geben – so etwa der hds und die Provinz mit der Unterzeichnung von „Provisio“ in dieser Woche.
Die Betriebe müssen sich aber weiterhin durch die harten Sicherheitskontrollen „boxen“. Wer das nicht macht, den kann es hart treffen. Die Arbeitsinspektoren können (bzw. dürfen) nämlich kräftig zuschlagen.
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