Der Mega-Stadel
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Causa Wolf System werden wohl archiviert. Den Verantwortlichen der Firma aus Freienfeld konnten keine falschen Rechnungen nachgewiesen werden. Und dem Buchhalter, der sie angezeigt hatte, keine Unterschlagung.
von Thomas Vikoler
Das kommt nicht selten vor. Angestellte, die sich im Streit mit einem Arbeitgeber befinden, sammeln kompromittierendes Material gegen diesen. Bei Bedarf wird es eingesetzt. Im Falle von Heinrich Auer, bis 2014 Buchhalter der Stallbau-Firma Wolf System in Freienfeld war das nicht anders. Auch wenn Auer gegenüber den Ermittlern erklärte, er habe dem psychologischen Druck nachgeben müssen, den vermeintlich illegale Aktivitäten der Firmenleitung bei ihm ausgelöst hatten.
Also übergab Auer im Jahre 2014 der Finanzwache einen Umschlag mit einer Aufstellung verdächtiger Rechnungen. Damals war Wolf System dabei, ihn zu entlassen und Strafanzeige zu erstatten. Der Vorwurf gegen den Buchhalter: Er habe sich zwischen 2011 und 2014 mittels Online-Banking Prämien in der Höhe von 443.108 Euro ausgezahlt (die TAGESZEITUNG berichtete).
Die Dimension des Falles wird in einem Antrag auf Archivierung einer Ermittlung gegen sechs Personen deutlich, den der Bozner Staatsanwalt Axel Bisignano kürzlich unterzeichnet hat.
Dort wird die von Buchhalter Auer angezeigte Verwendung von falschen Rechnungen durch Wolf System detailliert nachgezeichnet. Eine ziemlich absurde Geschichte, die – sollte sie vom Voruntersuchungsrichter archiviert werden – einige Zweifel zurücklässt.
Das Unterschlagungs-Verfahren gegen Heinrich Auer, dem Buchhalter mit Monatseinkünften von bis zu 30.000 Euro, ist inzwischen eingestellt werden. Begründung: Es sei unmöglich, dass die Firmenleitung die über drei Jahre andauernden Prämien-Zahlungen nicht bemerkt bzw. gutgeheißen habe. Auer und Wolf System sollen sich inzwischen zivilrechtlich arrangiert haben.
Zurück zur Ermittlung gegen Michael Stadler, dem österreichischen gesetzlichen Vertreter von Wolf System, und Geschäftsführer Robert Stafler. Ein Zweig der Ermittlungen betraf den Bau eines Mega-Stadels in den Marken. Ein dortiger Unternehmer, Leonardo Loddo, hatte dazu den Auftrag erteilt. Sein Anliegen war offenbar, von Wolf System eine möglichst hohe Rechnung zu bekommen, denn der Riesen-Stadel sollte von der Region Marken mitfinanziert werden. Im Gegenzug soll Loddo, so der Anfangsverdacht, für einen Rechnungs-Lieferanten gesorgt haben. Einem gebürtigen Rumänen, Eugen Gabriel Bucur, der Wolf System Rechnungen für nicht vollbrachte Leistungen ausstellen sollte. Zwecks steuerlichen Ausgleichs der erhöhten Rechnungen für den Stadel.
Doch die Rechnungen der Firma des Rumänen fanden in der Buchhaltung von Wolf System keinen Niederschlag. Und Bucur selbst war abgetaucht. Es konnte also, so heißt es im Archivierungsantrag, nicht festgestellt werden, ob falsche Rechnungen ausgestellt wurden oder nicht. Außerdem – so wandte die Verteidigung von Stadler und Staffler ein – hatte Auftraggeber Leonardo Loddo den Höchstbetrag für die Finanzierung der Region Marken für den Stadel-Bau bereits ausgeschöpft.
Der zweite Ermittlungszweig betraf zwei Vermittlungshonorare für Bauaufträge in Bagnocavallo bei Ravenna und Canino bei Viterbo. Ihr stattlicher Wert: 60.500 bzw. 32.670 Euro. Die Ermittlungen ergaben, dass es vor der Zahlung dieser Honorare von Wolf System an eine Firma namens Cosmo Srl keinerlei Briefverkehr gab. Und somit den akuten Verdacht, dass es sich um Scheinrechnungen handelte.
Dennoch: Weil die Firma Wolf System die Aufträge, für die sie die exorbitant hohen Vermittlungshonorare zahlte, am Ende tatsächlich umsetzte, konnte der Staatsanwalt keine Straftat nachweisen.
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