„Sterben wie die Franzosen“
Der Bozner Strafrichter Walter Pelino verhängt eine drakonische Strafe gegen einen 18-Jährigen, der bei einem Polizeieinsatz den Terroranschlag von Nizza in Erinnerung rief und mit Pflastersteinen um sich warf.
Von Thomas Vikoler
Die Festlegung der Höhe einer Haftstrafe liegt nicht allein im Ermessen des Richters.
Er muss sich natürlich an den Strafrahmen halten, orientiert sich aber auch an der Schwere einer Straftat. Und die war in diesem Fall für den Bozner Voruntersuchungsrichter Walter Pelino evident: Ein junger, offenbar betrunkener Mann, der einen schrecklichen Satz den Bozner Nachthimmel brüllte.
„Scheiß-Italien. Italiener, ihr müsst sterben wie die Franzosen, ihr sollt alle in die Luft fliegen“.
So steht er, auf Italienisch, im Protokoll, das zwei Beamte der Bozner Quästur anschließend verfassten. Sie waren gegen 1.30 Uhr in der Nacht auf den vergangenen Samstag auf den Bozner Dominikanerplatz gerufen worden. Ein junger Mann hatte randaliert.
Empfangen hat er die Polizisten – immer laut deren Bericht – mit einer heftigen Spuckattacke. Es folgten Fußtritte, die allerdings ins Leere gingen. Dann riss der Täter Pflastersteine aus und warf damit um sich.
Und schließlich, während der Randalierer festgenommen wurde, der schreckliche Satz mit eindeutiger Bezugnahme auf den Terroranschlag von Nizza am vergangenen Donnerstag.
Dort starben bei der Lastwagen-Attacke des offenbar IS-inspirierten Mohamed Lahouaiej Bouhlel über 80 Menschen, zahlreiche wurden verletzt.
Die Mindeststrafe für Widerstand gegen Amtspersonen liegt in Italien bei sechs Monaten Haft. Im Normalfall kommen Ersttäter, sofern sie einen gerichtlichen Vergleich abschließen, mit vier Monaten Haft davon.
Arif Nabi Zada, 18, so heißt der Täter vom Dominikanerplatz, ist nun von Richter Walter Pelino zu einer Strafe von einem Jahr und zehn Monaten Haft wegen Widerstands gegen Amtspersonen und Beleidigung verurteilt worden. Wegen des Herumwerfens der Pflastersteine, gefährliche Gegenstände, erhielt er eine Geldstrafe.
Insgesamt eine drakonische Strafe, deren Höhe Richter Pelino insbesondere mit dem mehr als zynischen Satz begründet. Betrunkenheit hin oder her. Pelino verweigerte dem aus Afghanistan stammenden 18-Jährigen die allgemein mildernden Umstände und kam somit auf eine Strafe von zwei Jahren Haft. Für den Ritus des gerichtlichen Vergleichs gewährte er Arif Nabi Zada zudem nicht das übliche Drittel Strafreduzierung, sondern lediglich zwei Monate.
Der solcherart Verurteilte wurde auf freien Fuß gesetzt. Damit die Haftstrafe nicht in Rechtkraft erwächst, hat er die Möglichkeit, den Vergleich bei der Kassation anzufechten. Da bringt einen Zeitgewinn von mindestens einem Jahr.
Wesentlich glimpflicher kam Zakaryae Loufti, ein 28-jähriger Marokkaner, davon. Er wurde in der Nacht auf Samstag ebenfalls von der Polizei in Bozen wegen festgenommen. Er hatte, ebenfalls im betrunkenen Zustand, einen Wachbeamten mit einem Messer bedroht. Er konnte das Gefängnis am Montag nach einem (nicht rechtskräftigen) gerichtlichen Vergleich über ein Jahr Haft wegen Widerstands gegen Amtspersonen und Waffenbesitzes wieder verlassen.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.