Zitat auf Zugseilen
Das Projekt für die Historisierung des Mussolini-Reliefs am Bozner Gerichtsplatz ist nun fertiggestellt, in den nächsten Tagen startet die Genehmigungs-Prozedur. Beim Land hält man am Arendt-Spruch fest.
von Thomas Vikoler
Das Thema sollte aus dem Bozner Gemeinderatswahlkampf herausgehalten werden. Das war der Hauptgrund, warum es so lange gedauert hat mit der Ausarbeitung eines Projekts, das man getrost als historisch bezeichnen kann: Die Historisierung eines faschistischen Kunstwerks mittels Verfremdung mit einem Zitat.
Im Jahre 2014 hatte die neue Landesregierung beschlossen, den Lösungsvorschlag der beiden Grödner Künstler Arnold Holzknecht und Michele Bernardi, hervorgegangen aus einem Wettbewerb im Jahre 2011, umzusetzen. Im April 2015 erhielt der Bozner Architekt Luca Marchesoni um 24.500 Euro den Auftrag für die Planungsarbeiten, die Bauleitung und die Sicherheitskoordination.
Nun sagt Daniel Bedin, Direktor des Landesamtes für Bauerhaltung, gegenüber der Tageszeitung: „Das endgültige Projekt, ausgearbeitet von unserem Amt, ist fast fertig. In den nächsten Tagen wird die Genehmigungsprozedur in die Wege geleitet, d.h. die Eigentumsvertreter (Agentur für Staatsgüter und Gemeinde Bozen) und das Land in der Rolle als Bauherr werden das Projekt gutheißen, um es dann der Baukommission der Gemeinde Bozen vorzulegen.“
Es ist also beinahe soweit für die Enthüllung der Pläne für das riesige Relief des Klausner Künstler Hans Piffrader mit dem Diktator Benito Mussolini am Pferd, das in den frühen 1950iger Jahren, also Jahre nach dem Ende des faschistischen Regimes, fertiggestellt wurde.
Nun wird es mit einem Zitat überzogen, das laut Landeshauptmann Arno Kompatscher eine Antwort auf die Provokation der Diktatur sein soll: „Niemand hat das Recht zu gehorchen“, ein Satz der deutschen Philosophin Hannah Arendt aus ihrem Bericht zum Eichmann-Prozess in Jerusalem.
Doch wie werden das Zitat bzw. die Buchstaben über dem immensen Wandbild angebracht?
„Die Aufhängung der Buchstaben wird durch Anbringung von Zugseilen mit einem Durchmesser von zirka vier Millimetern gelöst“, berichtet Amtsdirektor Bedin. „Diese Wahl wurde angesichts denkmalpflegerischer Überlegungen und aufgrund von statischen Berechnungen als die sinnvollste befunden.“ Der Kontrast-Spruch wird also mit Stahlseilen über das konvexe Relief gespannt. In welcher Größe will man im Amt für Bauerhaltung vorerst nicht verraten.
Die Realisierung des gesamten Projekts, zu dem auch die Anbringung einer Informationstafel gehört, kostet laut Bauten-Landesrat Christian Tommasini 290.000 Euro.
Die Umsetzung dürfte allerdings noch einige Monate dauern. Stimmt der Hauseigentümer, das Finanzministerium, und die Bozner Baukommission den Plänen zu, folgt als nächster Schritt die Ausschreibung des Ausführungsprojekts.
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