Braucht es den Proporz?
Proporz und Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung, Recht auf muttersprachlichen Unterricht und Mehrsprachigkeit bildeten die Grundlage der Diskussion in der letzten Sitzung des Autonomiekonvents vor der Sommerpause.
Intensiv und heiß diskutierte man im Rahmen des Überthemas „Möglichkeiten der Autonomie“ zum Tagungsordnungspunkt „Minderheitenschutz“: wie sind die Regelungen des Proporzes, der Sprachgruppenzugehörigkeits- und Sprachgruppenzuordnungserklärung, der Ansässigkeitsklausel bei Wahlen, des Schulwesens und der Zweisprachigkeitsprüfung hinsichtlich des Reformvorhabens zu betrachten? Sind sie teilweise überholt aufgrund sozio-politischer Veränderungen und sollten sie demnach in abgeänderter Form anders angedacht werden? Oder sollen die Bestimmungen im Statut so bestehen bleiben?
Trotz der erwartungsgemäß intensiv geführten Diskussion, herrschte bei gewissen Punkten Einigkeit. So wurde die Auffassung geteilt, dass das Recht auf muttersprachlichen Unterricht auch in Zukunft gewährleistet werden muss. Gleichzeitig wiesen einige Konventsmitglieder darauf hin, dass dies nicht ein Hinderungsgrund für die Einführung einer mehrsprachigen Schule als weiteres Angebot neben dem bestehenden Schulmodell sei. Es ist als ein Mehrangebot für Eltern und deren Kinder, die es wünschen, zu betrachten.
Widerstand gab es allerdings beim Gedanken, die mehrsprachige Schule im Statut festzuschreiben. In der Praxis und bei der Umsetzung von Schulsystemen kann jedoch viel angedacht werden, um innovativ und wettbewerbsfähig zu sein. Gemeindenvertreter Joachim Reinalter wirft die Idee in den Raum, dass die Einrichtung eines Schulamtes im Sinne einer zielgerechten Entwicklung des Schulwesens in Südtirol angedacht werden könne. Der Konvent der 33 empfindet die gelebte Mehrsprachigkeit für wichtig – in der Verwaltung und im Alltag.
Auch beim Proporz herrschte zum Großteil Einigkeit, dass das Grundprinzip im Statut nicht angerührt werden darf. Allerdings wurde auch festgestellt, dass die praktische Umsetzung und die damit verbundenen Schwierigkeiten in einigen Bereichen wie der Sanität von der Politik zu klären und an die Realität anzupassen ist. Gewerkschaftsvertreter Toni Tschenett präzisierte jedoch, dass gerade in der Sanität die Werkverträge bei Ärzten und Krankenpflegern zurückgegangen sind und die Zweisprachigkeit sich verbessert habe, dass also der Proporz als Instrument noch immer seine Berechtigung hat.
Heinold Rottensteiner, Vertreter des Forums der 100, sieht im Proporz „ein Friedensinstrument, das sich bewährt hat und viele Spannungen erst gar nicht zu lies.“ Als Vorschlag machte er, dass auch die staatlichen Polizeikräfte dem Proporz zu unterwerfen seien, ein Vorschlag, der auch bei den Open-Space-Veranstaltungen Anfang des Jahres des Öfteren von Seiten der Bürgerinnen und Bürger angesprochen wurde.
Wie immer sind alle Wortmeldungen der Sitzung vom 8. Juli in Kürze im Wortprotokoll auf der Webseite nachlesbar. Auf www.konvent.bz.it kann sich jede Südtirolerin und jeder Südtiroler einbringen. Die Vorschläge, die über die Sommerpause auf der Webseite eingehen, werden dem Konvent der 33 im Herbst weitergegeben. Am 2. September nimmt der Konvent der 33 seine Arbeit wieder auf. Tagungsordnungspunkt wird dann ein erster Meinungsaustausch zum Bereich „Gesetzgebungskompetenzen“ sein.
Das Bürgerforum, das Forum der 100, tagt wiederum am 8. Oktober 2016 an der EURAC.
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