Nix Deutsch?
Blitz-Matura und Englisch im Kindergarten? Tamara Oberhofer lehnt die von Christian Tommasini ins Spiel gebrachten Vorschläge ab: „Unsere Oberschüler können nicht mehr richtig Deutsch.“
Von Matthias Kofler
Christian Tommasini preschte auf seiner Halbzeit-Pressekonferenz mit zwei aufsehenerregenden Vorschlägen vor: Um Südtirol „fit für die Zukunft“ zu machen, forderte der italienische Schullandesrat eine grundlegende Bildungsreform mit Englisch im Kindergarten und einer Blitz-Matura in vier Jahren. Bereits im kommenden Schuljahr startet an einigen italienischen Kindergärten ein Pilotprojekt mit Englisch als Fremdsprache. Die Schule der Zukunft solle „offen, dynamisch und mehrsprachig“ sein, sagte Christian Tommasini.
Der deutsche Bildungslandesrat Philipp Achammer zeigte sich von den Vorschlägen seines Regierungskollegen überrascht. Dass auch das deutsche Schulsystem die von Tommasini ins Spiel gebrachten Reformen vornehmen könnte, schließt der SVP-Politiker derzeit aus.
Ein klares Nein zu den Tommasini-Vorschlägen kommt auch vonseiten der Freiheitlichen Landtagsabgeordneten Tamara Oberhofer: „Wir sollten nicht an unserem Bildungssystem herumbasteln und damit weiter die deutsche Muttersprache schwächen“, sagt die Abgeordnete.
Aus direkten Gesprächen mit Oberschullehrern konnte sich Tamara Oberhofer ein Bild über das Deutschniveau von Südtirols Jugendlichen machen. Ihr Fazit fällt niederschmetternd aus: „Die Oberschüler weisen große Mängel in der deutschen Schriftsprache auf, das Niveau ist äußerst schlecht – unsere Schüler können nicht mehr richtig Deutsch“, sagt die Freiheitliche. Oftmals kämen die Schüler nur dank der mündlichen Prüfungen noch zu einer positiven Endnote im Abschlusszeugnis. Außerhalb des Unterrichts kommunizierten die Schüler nur im Dialekt. „Genau deshalb sind Experimente wie Italienisch oder gar Englisch im Kindergarten fehl am Platz“, zeigt sich die Freiheitliche überzeugt und kritisiert in dem Zusammenhang das „blumige, die Realität verkennende Denken“ von Landesrat Tommasini.
Auch der Vorschlag einer Blitz-Matura löst bei Tamara Oberhofer keine Begeisterung aus. Laut Christian Tommasini haben Südtirols Schüler im Vergleich zu den Österreichern und den Deutschen einen Wettbewerbsnachteil, weil sie für ihre Matura fünf statt vier Jahre brauchten. Die Freiheitliche hält dagegen: „Um eine Blitz-Matura zu ermöglichen, müsste das gesamte Schulsystem geändert werden. Lehrer müssten ihr Programm so anpassen, damit sie ihren Lehrstoff in vier Jahren unterbringen können.“
Genau hier sieht Tamara Oberhofer aber die größten Schwierigkeiten. In Südtirol gebe es eine Art „Kuschelpädagogik“: Den Lehrern gehe es vorwiegend darum, möglichst viele Schüler durchzubringen und auf einen guten Notenschnitt zu kommen. Den Schülern würden Kompetenzen vorgegaukelt, die sie gar nicht hätten. Dadurch leide das Südtiroler Bildungssystem. „Die österreichischen Schüler sind im Vergleich dazu viel ehrgeiziger und lernen deutlich intensiver“, zeigt sich Tamara Oberhofer überzeugt.
Die Freiheitliche will das Augenmerk im Bildungssystem „weg von den Experimenten hin zur Stärkung der Muttersprache“ legen. „Denn mir kommt langsam vor, dass mittlerweile jede Fremdsprache wichtiger ist als die eigene Muttersprache“, so Tamara Oberhofer.
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