„Wir setzen auf die Bahn“
Nach dem klaren Nein der Südtiroler schließt SAD-Chef Ingemar Gatterer eine Übernahme des Bozner Flughafens aus. Der Flughafen verliere ohnehin an Attraktivität, da die Zukunft den Hochgeschwindigkeitszügen gehöre.
Tageszeitung: Herr Gatterer, waren Sie überrascht vom Ausgang der Flughafen-Volksbefragung?
Ingemar Gatterer: Nein, ich persönlich habe mit einem Nein gerechnet. Die Stimmung in der Bevölkerung war insgesamt einfach gegen die Weiterführung des Projekts.
Bräuchte Südtirol einen Flughafen?
Es ist nun eine Tatsache, dass der Flughafen von der Bevölkerung abgelehnt wurde. Jedes Land, welches als Standort attraktiv sein will, sollte jedoch erreichbar sein. Diese Erreichbarkeit muss aber nicht zwingend über den Flugverkehr, sondern kann auch über andere Verkehrsträger sichergestellt werden.
Inwiefern?
Der Brennerbasistunnel mit seinen Hochgeschwindigkeitszügen könnte hierzu eine sinnvolle Alternative darstellen. Wenn Sie mit dem Zug von Berlin nach Südtirol sechs Sunden benötigen oder von Verona nach Südtirol eine gute Stunde, verliert ein Flughafen für mittlere Strecken ohnehin an Attraktivität. Es würde zudem die Glaubwürdigkeit Südtirols – als „Land der schönen Natur und Erholung“ – stärken, wenn diese Urlaubsdestination vornehmlich mit einem umweltfreundlichen, elektrisch angetriebenen Bahnverkehr in vollem Umfang erreichbar wäre. Die SAD AG wird hierzu jedenfalls am 29. Juli auf Schloss Prösels ein Konzept vorstellen.
Sie sagten Anfang April gegenüber der TAGESZEITUNG, die SAD habe durchaus Interesse, in den Bozner Flughafen zu investieren. Hat sich diese Meinung geändert?
Ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die SAD an jedem Geschäftsmodell mit der Beförderung von Personen interessiert ist. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Rahmenbedingungen so gestellt sind, dass sich ein Betriebsgewinn erwirtschaften lässt. Die Frage ist dabei weniger, ob die öffentliche Hand den Flughafen mitfinanziert oder nicht, sondern ob dauerhaft genügend Marktpotential für eine eigenwirtschaftliche Ausrichtung desselben gefunden werden kann. Wir beobachten jedenfalls gerade in Zentraleuropa, dass sich im intermodalen Wettbewerb zwischen Schiene und Luft Hochgeschwindigkeitszüge immer mehr durchsetzen.
Kleine Flughäfen wie in Bozen werden demnach unattraktiv?
Ein Flughafen bleibt für große Distanzen unverzichtbar – für mittlere hingegen ist das Reisen in einer qualitativ hochwertigen Eisenbahn vorteilhafter, einfacher und unkomplizierter. Der Flughafen in Südtirol eignet sich für den internationalen Verkehr derzeit jedenfalls nicht, da er über die notwendige Größe nicht verfügt. Im Mittelstreckenverkehr würde er in der jetzigen Dimension weitere Marktanteile an die Schiene verlieren, was vornehmlich – wie erwähnt – auf den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen in ganz Europa zurückzuführen ist. Die Übernahme des Flughafens hätte demnach an die Möglichkeit einer Erweiterung gebunden werden müssen, damit er auf den internationalen Verkehr ausgerichtet werden kann. Dies ist bei einer so klaren Ablehnung aber nicht mehr denkbar. Insofern wird die SAD AG ihre Investitionen in die Schiene lenken und vom Flughafenprojekt Abstand nehmen.
Eine Erweiterung ist ja weiterhin möglich. Zudem haben die Bürger genau genommen nur gegen die öffentliche Finanzierung abgestimmt. Privaten steht im Grunde alles offen…
Um das Projekt erfolgreich weiterbringen zu können, benötigt es die aktive Unterstützung von Behörden und Politik. Dies ist jedoch angesichts des eindeutigen Votums nicht mehr zu erwarten.
Südtirols Unternehmer sprechen bereits offen von einem Zusammenschluss, um den Flughafen bei einer Neuausschreibung der Konzession zu übernehmen. Schließen Sie auch hier eine Teilnahme aus?
Wenn wir den Flughafen übernommen hätten, dann immer nur allein. Ich bin kein großer Befürworter von Kooperationen und Partnerschaften, wo viele mitreden und keine Entscheidungen getroffen werden.
Gab es vor der Volksbefragung Gespräche zu diesem Thema?
Nein, für mich ist bereits Wochen vor dem Referendum klar geworden, dass es negativ ausgeht. Der hohe Grad der Ablehnung hat mich aber trotzdem überrascht. Bei einem knapperen Ergebnis hätte man auch dem „Ja“ eine Legitimation einräumen und einen Kompromiss suchen können. Das Ergebnis ist jedoch eindeutig – Spielraum lässt sich für mich nicht finden. Das Verkehrskonzept, das die SAD AG Ende Juli vorstellt, wird daher neue Wege gehen.
Interview: Heinrich Schwarz
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