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„95 Prozent für Bozen“

„95 Prozent für Bozen“

Der 65-jährige politische Quereinsteiger Christoph Baur (SVP) ist neuer Vizebürgermeister von Bozen. Ein Interview über den strategischen Schlitterkurs der Volkspartei, Gehaltsverzicht, das Benko-Projekt und Stadtmarketing.

 

TAGESZEITUNG: Herr Baur, die Volkspartei ist nun dort angekommen, wo sie eigentlich nicht hinwollte: In einer Mitte-Links-Koalition mit den Grünen.

Christoph Baur: Die SVP wollte eine stabile Stadtregierung und hat darauf gesetzt, das mit Mitte-Rechts zu erreichen. Ich habe nie gesagt, ich wolle die Grünen ausschließen, habe aber angenommen, dass die Grünen kein Interesse an einer Koalition hätten. Ein Bündnis mit Mitte-Rechts haben wir nicht nur wegen der Stabilität angestrebt, sondern als Weg, die Spaltung der Stadt zu beenden. Als Bürgermeisterkandidat Mario Tagnin erklärt hat, dass für ihn eine Koalition mit dem PD nicht in Frage komme, haben wir das zur Kenntnis genommen. Da blieb nur mehr die Option mit den Grünen.

Eine Option, die bereits von Anfang an als die naheliegendste erschien. Nicht für die Volkspartei.

Es war nicht umsonst. Es war zwar ein Riesenaufwand und es hat eine Reihe von Missverständnissen gegeben. Am Ende ist eine Dialogbereitschaft herausgekommen, die zeigt, dass unsere Öffnung nach Mitte-Rechts sehr geschätzt wird. Wie sich das in der konkreten Arbeit auswirkt und ob sich daraus eine andere Form der Opposition entwickelt, weiß ich nicht. Ich hoffe es aber.

Und die Grünen sind innerhalb weniger Tage zu vertrauenswürdigen Regierungspartnern geworden?

Niemand hat den Grünen die Vertrauenswürdigkeit abgesprochen. Es hat in der Vergangenheit aber Situationen gegeben, wo es sehr schwierig war mit ihnen. Das sagen die Leute von der SVP, die damit zu tun hatten. Ich möchte aber sagen, dass nun viele neue Leute am Wirken sind, darunter ich selbst.

Was bedeutet es für Sie, Vizebürgermeister von Bozen sein?

Eine große Herausforderung und eine Ehre. Ich werde in aller Bescheidenheit versuchen, das Beste tun, damit die Stadt gut verwaltet wird. Gleich am ersten Tag werden Probleme auf mich zukommen, die mich stark fordern werden.

Werden Sie weiter in Ihrem Beruf als Anwalt tätig sein?

Die Kanzlei arbeitet natürlich weiter, ich werde in einem geringen Ausmaß weiter dort sein. 95 Prozent werde ich in der Gemeinde Bozen arbeiten.

An einen teilweisen Verzicht der Amtsentschädigung, wie ihn Bürgermeister Renzo Caramaschi vorgemacht hat, haben Sie nicht gedacht?

Nein, weil ich glaube, dass das Amt mit 9.285 Euro brutto überbezahlt ist.

Die SVP bekommt erstmals die Zuständigkeit für Urbanistik, die Sie übernehmen werden. Was kann man sich da erwarten?

Für mich stehen die Anforderungen an Transparenz und Gleichbehandlung der Bürger an erster Stelle, ein weiteres Ziel ist es, die Verfahren zu straffen und übersichtlicher zu gestalten. Das andere ist die Planungstätigkeit, da muss ich mich erst einarbeiten. Ich weiß aber, dass eine Bauleitplan-Überarbeitung überfällig und der Masterplan überholt ist.

Wie werden Sie sich zum Benko-Projekt verhalten, das auch in Ihre Zuständigkeit fällt?

Sicherlich werde ich dort eine Rolle spielen und, sollten die Rekurse vom Verwaltungsgericht abgewiesen werden, ein Wort mitreden. Stellt sich heraus, dass das Verfahren rechtmäßig war, ist für mich klar, dass die geschlossenen Verträge umzusetzen sind.

Ihre weiteren Zuständigkeiten sind Wirtschaft und Handel. Haben Sie damit Erfahrung?

Ich muss mich einarbeiten, auch im neu geschaffenen Zuständigkeitsbereich Stadtmarketing. Es muss einen Prozess in Gang gesetzt werden, wo die betroffenen Wirtschaftsverbände, aber auch IDM und Messe, eine Arbeit unter der Regie der Gemeinde leisten, um ein Profil für die Stadt Bozen zu erarbeiten. Die Stadt ist schön, hat aber wenig Profil. An dem soll gearbeitet werden, es gibt eine Stadt der Sprachen, Stadt der Kultur, Stadt des Weines. Es ist das Ziel, die positiven Aspekte unter einen Hut bringen.

Interview: Thomas Vikoler

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