Pius, Penis, Pinguin!
Geschlechtsteile im Theater, schwule Pinguine in Schulbüchern: Die Freiheitlichen haben mit dem Jugendschutz alle Hände voll zu tun.
Von Anton Rainer
Zwei Stunden und 50 Minuten dauert das Theaterstück, mit dem die Vereinigten Bühnen Bozen das Erbe William Shakespeares feiern – doch schon 30 Sekunden davon waren dem Freiheitlichen Pius Leitner anscheinend zu viel. „Ist es wahr, dass im Theaterstück „Ein Sommernachtstraum“ dem Publikum Geschlechtsteile offen zur Schau gestellt werden“, erkundigte sich der Abgeordnete bereits Mitte Mai über den Hinweis einer Meraner Lehrperson bei Philipp Achammer.
Knapp einen Monat hat es offenbar gedauert, bis der Penis des Anstoßes gefunden wurde: „Im Theater wird nie etwas „offen zur Schau gestellt“, auch Geschlechtsteile nicht.“, kontert nun der zuständige Landesrat in seiner offiziellen Antwort – und lässt es sich nicht nehmen, die Inszenierung für Theatermuffel detailliert nachzuzeichnen: Im Stück ziehe „Lysander, nachdem er von Puck verzaubert wurde, für ca. 30 Sekunden lang im Liebestaumel seine Hose runter.“, erklärt Achammer dem blauen Abgeordneten – und lobt die Vereinigten Bühnen mit einem in offiziellen Dokumenten selten gehörten Kompliment: „Der große Erfolg bei den Schülerinnen und Schülern ist nicht jenen ca. 30 Sekunden Nacktheit zu verdanken“, schreibt Achammer, „sondern einer lebendigen, ideenreichen, kraftvollen Inszenierung.“
Ob sich der Freiheitliche Abgeordnete und die betroffene Meraner Lehrperson, die die dramaturgische Entblößung vor Schülern für einen „Gewaltakt“ hält, damit zufrieden geben, ist allerdings fraglich.
Nur wenige Tage vor dem berüchtigten Penis-Antrag reichten die Freiheitlichen eine Anfrage ein, die sich mit vermeintlich schädlichen „Piselli“ in Kinderbüchern beschäftigt.
„Den Unterfertigten wurden von aufmerksamen Bürgern Aufnahmen von eindeutiger Genderpropaganda in der Stadtbibliothek von Meran übermittelt.“, schreiben Pius Leitner und Parteiobmann Walter Blaas – und legen dem Antrag Bilder von stilisierten homosexuellen Pinguinen und unschuldigen FKK-Comics bei. Wie die Stadtbibliothek zu solcher Literatur komme, wollen die Freiheitlichen wissen – und erhalten von Landesrat Philipp Achammer eine eindeutige Antwort:
„Es wurden […] keine Medien eigens angekauft, sondern Medien ausgewählt, die Teil des Bestandes der Stadtbibliothek sind. Darin enthalten sind u.a. Werke wie Pippi Langstrumpf.“ Immerhin: Mit Astrid Lindgren dürfte auch die Sexualmoral der Passerstadt keine allzu großen Probleme haben.
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