„Manager-Gehälter senken“
Vermögen und Einkommen sind allzu ungleich verteilt, meint das AFI – und fordert soziale Leistungen, höhere Löhne und geringere Managergehälter.
Die nackten Zahlen zeigen klar: Sind Vermögen und Einkommen allzu ungleich verteilt, schadet das beiden, der Gesellschaft und der Wirtschaft. Der Präsident des Arbeitsförderungsinstitutes (AFI), Toni Serafini, betont: „Wir alle müssen der Verteilungsfrage ein viel größeres Augenmerk schenken.
Die öffentliche Hand muss mit sozialen Grundleistungen einschreiten, die Unternehmer müssen höhere Löhne und Gehälter zahlen und die Managergehälter müssen endlich etwas verhältnismäßiger werden.“
Auf einer internationalen Tagung des AFI am Donnerstag zeigten Forscher die Zusammenhänge zwischen zunehmender Ungleichheit und einem dadurch eingebremsten Wachstum auf.
Professor Timm Bönke (Freie Universität Berlin) zeigte die schleichende Verschiebung der Einkommen in Deutschland auf. Seit Mitte der 80er-Jahre wachsen die Einkommen aus Vermögen und Kapital stärker als die Einkommen aus Arbeit. Die Folge sei, dass zunehmend weniger Menschen vom Wirtschaftswachstum profitieren und die Vermögen insgesamt immer ungleicher verteilt seien.
50 Prozent der Bundesbürger besitzen kein nennenswertes Vermögen. Über den Arbeitsmarkt könnten Menschen nicht mehr am wachsenden Wohlstand teilhaben, so Bönke. Die Ursachen sieht der Forscher im gängigen Wirtschaftsmodell, in der Globalisierung und im technologischen und strukturellen Wandel unserer Zeit.
Elena Tosetto vom Direktorat für Statistik der OECD in Paris veranschaulichte die Ungleichverteilung der Einkommen in ganz Europa. Das Verhältnis zwischen dem Einkommen des reichsten Zehntels der Bevölkerung (die „Obersten 10 Prozent“) und des ärmsten Zehntels (die „Untersten 10 Prozent“) beträgt im europäischen Schnitt 7:1, in Italien sogar 11:1. Um zu einer ausgewogeneren Verteilung zu kommen, müssten bisherige Maßstäbe überprüft werden, so die Statistik-Expertin.
Tosetto plädierte dafür, die gesellschaftliche Entwicklung nicht allein nach der Logik des Bruttoinlandsprodukts (BIP), sondern vielmehr nach dem „Better Life Index“ der OECD zu bewerten.
Wie es um Südtirol bestellt ist, zeigte AFI-Direktor Stefan Perini auf. In der Verteilung der Netto-Einkommen der Haushalte stehe Südtirol besser da als Italien insgesamt, aber schlechter als Österreich, Schweiz und Deutschland. 9,2 beträgt in Südtirol das Verhältnis „Oberste 10 Prozent“ zu „Unterste 10 Prozent“. Das bedeutet, die reichsten 10 Prozent der Südtiroler Haushalte haben ein mehr als neunmal so hohes Einkommen wie ärmsten 10 Prozent. Damit vereinen die „Obersten 10 Prozent“ der Haushalte mehr als ein Viertel des Gesamteinkommens auf sich, die „untersten“ nur 3Prozent.
Eine der Folgen der Ungleichverteilung ist die Armut. Mit 16,6 Prozent sei die relative Armut in Südtirol nicht sonderlich hoch und sei in den letzten 15 Jahren auch nicht angestiegen, stellte Perini fest. Aber ohne Sozialtransfers wären in Südtirol weitere 17.125 Haushalte armutsgefährdet (+8,1 Prozentpunkte). Die Armutswahrscheinlichkeit steigt bei alleinlebenden Senioren, Alleinerziehenden, Großfamilien, Nicht-EU-Bürgern, Arbeitslosen oder gering Beschäftigten.
Für jede vierte Familie in Südtirol sei Armut im weiteren Sinn Realität. Kraft seiner Autonomie hätte Südtirol Handlungsmöglichkeiten, um sicherzustellen, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinanderklaffe. Die Handlungsfelder: Arbeitsmarkt, Steuern, Welfare, Öffentliche Investitionen.
AFI Präsident Toni Serafini nahm abschließend auch die Unternehmer und Manager ins Gebet: „Da Ungleichheit die Gesellschaft und die Wirtschaft bremst, sind wir aufgefordert, die Verteilungsfrage nachhaltig zu lösen. Die öffentliche Hand wird mit sozialen Grundleistungen einschreiten müssen, die Unternehmer müssen höhere Löhne und Gehälter zahlen und die Managergehälter müssen deutlich mehr im Verhältnis zu den Einkommen der Mitarbeiter stehen.“
Beim abschließenden Runden Tisch diskutierten Toni Serafini, die Vortragenden Timm Bönke und Elena Tosetto, der Sozialexperte Karl Tragust und Petra Priller von der Schuldnerberatung der Caritas.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.