„Wir wollen weiter“
Der italienische Industrieminister Carlo Calenda auf dem Wirtschaftsforum in Trient: Wie er die heimische Ökonomie auf Vordermann bringen will.
„Wir sind nicht dort, wo wir sein sollten“: Diese vor einiger Zeit erfolgte Aussage des Ministers für die wirtschaftliche Entwicklung, Carlo Calenda, wird ihm bei jedem Anlass vorgehalten. So auch in dem zwischen ihm und dem Rektor der Universität Trient, Innocenzo Cipolletta, geführten Dialog im Rahmen des Wirtschaftsfestivals von Trient am heutigen Freitag. Calenda, dessen Amt die Bereiche Industrie, Finanzen, Export und Entwicklung umfasst, stellt sich als der Experte vor, der Italiens produktives Schaffen aus der langen Krise herausholen und zu neuer Blüte führen soll. Eine extrem schwierige Aufgabe, die nur mit Hilfe einer Reihe von grundlegenden Reformen bewältigt werden kann. Calenda ist der erste von insgesamt fünf Ministern der Regierung Renzi, welche dem Festival in Trient ihre Aufwartung machen.
Italiens Wirtschaft auf Vordermann zu bringen, ist schwerste Arbeit, denn der produzierende Teil der italienischen Gesellschaft ist mehrfach, vertikal und horizontal, gespalten. Einmal zwischen Nord und Süd. Während, wie gewohnt, der Norden gut aus der Krise aussteigt, gibt es im Süden für die Betriebe Schwierigkeiten ohne Ende. Doch nicht nur der Unterschied zum Norden wiegt, sondern auch das direkte Gefälle zwischen den Betrieben des Südens, von denen es einigen wenigen weniger schlecht, aber vielen sehr schlecht geht.
Eine produzierende Wirtschaft muss exportieren, und da mangelt es in Italien aus Ursachen, die weniger den Betrieben als der Industriepolitik des Staates anzulasten sind: Rom hat allgemein gültige Förderungsrichtlinien für die Exporte erlassen, und das ist, wie Calenda erklärt, falsch, denn man kann nicht alle Betriebe, besonders mittlere und kleine, über einen Kamm scheren, sondern man muss ihnen Chance bieten, nach individuellen Fähigkeiten zu exportieren. Das will Calenda tun, indem den Betrieben bei der Abfassung ihrer Exportstrategie, aber überhaupt ihrer Finanzplanung fachmännisch geholfen wird.
Ein weiterer Fehler der bisherigen Exportpolitik war es, dass einzelne Betriebe ihre gesamte Exportkapazität auf einen oder ganz wenige Abnehmer konzentrierten, anstatt sie aufzufächern. Wenn dann, wie das Beispiel Russland zeigt, infolge gewisser Vorkommnisse ein Land, in den die Exporte fließen, ausfällt, ist es für den Betrieb katastrophal. Was die italienischen kleinen und mittelständischen Unternehmen zudem belastet, ist der schwierige Finanzmarkt. Die Banken geben ihr Geld nicht her, obwohl sie mit Steuermitteln zum Teil wesentlich gestützt werden, die Betriebe kommen nicht an die notwendigen Finanzierungen heran und ihre Wachstumschancen bleiben gering. Also liegt gar manches auch am Bankensystem.
Calenda ist bestrebt, sein Ministerium zu reformieren, Bürokratie abzubauen, den direkten Kontakt der Beamten mit der wirtschaftlichen Realität zu verbessern und Entscheidungen nicht ins Blaue hinein treffen zu lassen, neu aufstrebende Betriebe effektiv zu fördern und nicht der Bürokratie zum Opfer fallen zu lassen. Das erfordert neue und mehr Transparenz, auch bei der Rettung von Betrieben, die in Schwierigkeiten sind, wobei es hier klare Grenzen geben muss, dann Rettungsmaßnahmen an falscher Stelle gehen zu Lasten von rettbaren und gesunden Betrieben.
Dies alles in Erwägung ziehend, ist es laut Calenda sehr schwierig, Italiens Situation global zu bewerten, denn es gibt Bereiche, die gut arbeiten, vor allem im Norden des Landes, und Gebiete, in denen die Krise schwer zu überwinden sein wird. Klar ist, dass die Sozialpartner offen miteinander reden müssen, um gemeinsam die richtigen Schritte einzuleiten. Und schließlich ist Calenda an klarer Verfechter des geplanten Handelsabkommens zwischen Europa und den USA, denn in eine stabile und positive Konsumgesellschaft wie jene der USA ohne große Hindernisse exportieren zu können, ist allemal ein Vorteil. Aber alles muss transparent und ehrlich vor sich gehen, erklärte der Minister.
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