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Der diebische Kellner

 

kellner restaurantEin Kellner soll in zwei Jahren nicht weniger als 210.000 Euro aus der Restaurantkasse entwendet zu haben. Das behauptet jedenfalls sein früherer Arbeitgeber, ein Wirt aus Schlanders. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, doch nachgewiesen ist bisher lediglich eine Unterschlagung von 312 Euro.

von Thomas Vikoler

In der betrieblichen Buchführung zeigen sich Fehlbeträge nicht immer sofort. Eine zweijährige Verspätung wie in diesem kuriosen Fall ist allerdings ungewöhnlich und gleichzeitig ein gutes Argument für den Verteidiger eines Kellners, gegen den der Betriebsinhaber Strafanzeige wegen Betrugs und Unterschlagung erstattet hat.

Er wirft dem Kellner vor, während eines Zeitraums von zwei Jahren nicht weniger als 210.000 Euro aus der Restaurantkasse entwendet zu haben.

Es fragt sich: Wie ist das möglich, ohne dass der Arbeitgeber, ein Wirt aus Schlanders, dies bemerkt hat?

Im September erstattete dieser jedenfalls Anzeige gegen den Kellner und beklagte dort einen Schaden von 100.000 Euro. Der Angestellte habe, so heißt es in der Anzeige, pro Arbeitstag zwischen hundert und 500 Euro entwendet. Später – und in einem Zivilverfahren – taxierte der Wirt den Schaden auf 210.000 Euro.

Die Carabinieri von Schlanders gingen der Anzeige auf den Grund und schritten Mitte Oktober des vergangenen Jahres zur Tat. Sie übergaben einigen Gästen des Restaurants markierte Geldscheine, mit denen sie ihre Rechnung beglichen und postierten sich vor der Eingangstür.

Der Kellner ging ihnen in die Falle: Bei einer Personenkontrolle nach Betriebsschluss fanden die Ordnungshüter in seinen Hosentaschen einen Betrag von 312 Euro – allesamt markierte Geldscheine und Münzen.

Der solcherart ertappte Kellner kam nicht umhin, die Unterschlagung zuzugeben.

Es folgte, keineswegs überraschend, die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses.

Mittlerweile behängen zu dem Fall drei Verfahren: Eines vor dem Zivilgericht, ein Strafverfahren gegen den Kellner wegen Betrugs und Unterschlagung, und ein Verfahren vor dem Arbeitsrichter. Der Kellner hat die Kündigung nämlich angefochten und beanstandet dort, dass ihm die Auszahlung der Abfertigung verwehrt worden sei.

Im Zivilverfahren erzielte der Arbeitgeber einen ersten Erfolg, indem er eine Sicherheitsbeschlagnahme von Vermögen des ehemaligen Angestellten erwirkte. Dieser reichte über seinen Anwalt Flavio Moccia Beschwerde dagegen ein, diese Woche fand am Landesgericht die dazugehörige Verhandlung vor einem Zivilsenat statt.

„Es gibt keinen Beweis dafür, dass mein Mandant – außer die 312 Euro – Geld unterschlagen hat. Also ist die Beschlagnahme nicht gerechtfertigt“, sagt Anwalt Moccia. Er stellt zudem die berechtigte Frage, warum der Arbeitgeber so spät Anzeige erstattet hat. Laut dessen letzter Schadensmeldung müsste der Kellner monatlich um die 10.000 Euro aus der Restaurant-Kasse abgezweigt haben.

Die Beweisfrage stellt sich natürlich auch im Strafverfahren. Indizien, dass der Kellner regelmäßig Einnahmen des Restaurants mitgehen ließ, gibt es zweifellos: Etwa den Jeep im Wert von 60.000 Euro, den der Angestellte mittel Scheck kaufte und auf sich und seine Frau schreiben ließ. Und der eher aufwändige Lebensstil des Mannes, der sogar in der örtlichen Faschingszeitung Niederschlag fand.

Verteidiger Moccia ist zuversichtlich, dass sein Mandant mit einer geringfügigen Strafe davon kommt. Einen Vergleich wegen der 312 Euro würde er sofort abschließen.

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