„Katastrophale Vorgangsweise“
Wie LH Arno Kompatscher Österreich den verfrühten Zaunbau abgewöhnte – und eine diplomatische Verstimmung zwischen Rom und Wien dennoch nicht verhindern konnte.
Von Anton Rainer
Arno Kompatscher war gerade auf dem Weg zum ersten Treffen mit dem frischgebackenen österreichischen Innenminister, als ihn ein Blick aufs Handy stutzig machte. „Kontrollen Ende Mai“, „erste Fundamente“, „Löcher bohren am Brenner“: Die Schlagzeilen, die am frühen Samstagabend sämtliche Online-Medien beherrschten, drohten schon im Vorfeld der Begegnung für schlechte Stimmung zu sorgen.
„Dass Sobotka derartige Maßnahmen nur kurz vor unserem Treffen ankündigte“, sagt Kompatscher, „war nicht gerade die feine englische Art.“
Tatsächlich stand der Antrittsbesuch Wolfgang Sobotkas, an dem auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter teilnahm, schon von Anfang an unter keinem besonders guten Stern. Die Beziehungen zwischen Rom und Wien waren in den letzten Wochen deutlich abgekühlt, an eine Einigung in der Flüchtlingsfrage war kaum mehr zu denken. Und dann das: „Sobotka erklärte mir, man habe die Baufirma schon für den Mittwoch dieser Woche bestellt, statt Zäunen werde man eh nur die dafür vorgesehenen Stangen aufstellen“, erinnert sich Kompatscher.
Seine Antwort: „Ich sagte, er solle doch an die Symbolik denken, an den SPIEGEL, das ZDF, die europäischen Medien, die daraus Schlagzeilen produzieren werden.“ Die Intervention hatte augenscheinlich Erfolg, von einer Baufirma war am Mittwoch nichts mehr zu sehen. (Fast) alles abgeblasen – bis auf eine Pressekonferenz, bei der Landespolizeidirektor Helmut Tomac auf großformatigen Grafiken 370 Meter potentiellen Maschendraht präsentierte.
„Ich habe mehrmals gesagt: Ihr rennt da in eine Sackgasse“, erzählt Kompatscher, „aber sie wollten diese Pressekonferenz trotz meines Abratens unbedingt machen.“ Das bekannte Ergebnis: Schlagzeilen in allen nationalen Medien, Proteste aus Rom und Brüssel – und ein vergiftetes Gesprächsklima vor dem gestrigen Treffen zwischen den Innenministern. „Die Kooperation Italiens kann man nicht erpressen“, glaubt Kompatscher, „ich habe Verständnis für die Sorgen Österreichs, aber die Vorgangsweise ist eine Katastrophe.“
Auf eine Einigung hofft der LH dennoch, von einem gemeinsamen Arbeitstisch könne auch Südtirol nur profitieren.
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