Das Anti-Mobbing-Gesetz
Landesrätin Martha Stocker kündigt ein Anti-Mobbing-Gesetz an – weil in Südtirol immer mehr Menschen angeben, an ihrem Arbeitsplatz gemobbt zu werden.
Belästigungen, Drohungen, Diskrimination, Machtmissbrauch, Intrigen und Verleumdungen: Die Zahl der Arbeitnehmer, die angeben gemobbt zu werden, nimmt auch in Südtirol zu.
Bei einer Pressekonferenz am Freitag haben Landesrätin Martha Stocker, Gleichstellungsrätin Michela Morandini und die Präsidentin des Beirates für Chancengleichheit, Ulrike Oberhammer, physische und psychische Gewalt am Arbeitsplatz zum Thema gemacht und ein Südtiroler Anti-Mobbing-Gesetz angekündigt.
Folgen für physische und psychische Gesundheit
„Mobbing ist kein Kavaliersdelikt: Mobbing macht krank“, rief Landesrätin Stocker bei der Pressekonferenz zum Handeln auf. Systematische Anfeindungen über einen längeren Zeitraum haben unter anderem Schlafstörungen, Nervosität, Depressionen, Erschöpfungs- und auch Angstzustände zur Folge. Mobbing hat aber nicht nur gesundheitliche Folgen, sondern kann auch für den Arbeitgeber zu einem nicht unbedeutenden Kostenfaktor werden. Indirekte Spesen für den Arbeitsausfall durch eine Senkung der Produktivität des Arbeitnehmers um etwa 70 Prozent und Aufwendungen für die Krankheitsbehandlungen desselben belasten Unternehmen immer häufiger.
Mobbing ist somit nicht nur ein Problem der direkt Betroffenen, sondern entwickelt sich immer mehr auch zu einem Nachteil für Wirtschaft und Gesellschaft.
Zahlen, Daten, Fakten
„Mobbing ist heute ein beflügeltes, oftmals leichtfertig ausgesprochenes Wort. Fachleute aber grenzen das Phänomen ganz klar ab: Nur bei wiederholten, benachteiligenden Handlungen über einen längeren Zeitraum spricht man von Mobbing“, stellte Gleichstellungsrätin Michela Morandini fest. Diese mehrmaligen Vorfälle werden durch ungleiche Machtverhältnisse charakterisiert und treten als Gruppenphänomen am Arbeitsplatz und in der Schule auf. Die Austragung von Konflikten zählt nicht zum Mobbing, kann aber oft Ausgangspunkt desselben sein.
Morandini präsentierte auch die aktuellen Zahlen: Italienweit sind etwa 1,5 Millionen Menschen an ihrem Arbeitsplatz von den unterschiedlichsten Formen von Mobbing betroffen, im Norden ist das Phänomen mit 65 Prozent ausgeprägter als im Süden. 70 Prozent der Fälle wurden aus der öffentlichen Verwaltung gemeldet, insgesamt sind 52 Prozent der Betroffenen Frauen.
In Südtirol haben sich im Jahr 2015 ingesamt 202 Menschen an die Gleichstellungstellungsrätin gewandt, die angeben Opfer von Diskriminierungen am Arbeitsplatz zu sein, wobei multiple Diskriminierungen, Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Teilzeitverhältnisse die häufigsten Themen waren. Durch die Verschärfung der Situation am Arbeitsmarkt sind letzthin vor allem sensiblere Gruppen von Benachteiligungen am Arbeitsplatz betroffen: Mütter, Arbeitnehmer mit niedrigem Bildungsniveau oder mit Migrationshintergrund.
Das neue Gesetz für Südtirol
Die genannten Zahlen zeigen für Landesrätin Martha Stocker Handlungsbedarf auch aus gesetzgeberischer Sicht auf, deshalb ist derzeit ein Anti-Mobbing-Gesetz in Ausarbeitung. Damit sollen präventive Maßnahmen gegen Mobbing am Arbeitsplatz gesetzt, das betriebliche Wohlbefinden und die Förderung und der Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter gefördert werden.
Unterstützt werden sollen die betroffenen Arbeitnehmer und Unternehmen dabei von einem Netzwerk von Fachexperten. „Mit diesem Gesetz wollen wir die Grundlage schaffen, dieses höchst bedenkliche Phänomen des Mobbings weitestgehend in der Entstehungsphase einzugrenzen und das bereits bestehende Netzwerk für Mobbingopfer stärken und wo nötig zu ergänzen“, stellte die Landesrätin bei der Pressekonferenz klar.
Die Ausarbeitung des Gesetzes wird gemeinsam mit den Interessensgruppen erfolgen. Aktuell fehlt in Italien ein spezifisches Gesetz, somit muss auf geltende Rechtsnormen zurückgegriffen werden, um das Opfer zu schützen. Das ist nicht immer einfach, umso wichtiger sind präventive Maßnahmen, so die Landesrätin.
Frauen öfters von Mobbing betroffen
Die Präsidentin des Landesbeirates für Chancengleichheit Ulrike Oberhammer begrüßte die Initiative eines Mobbing-Gesetzes, die nicht zufällig am ersten nationalen Tag der Frauengesundheit vorgestellt wurde. „Frauen werden öfter als Männer Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz. Rechtsstreitigkeiten werden aber eher vermieden, in vielen Fällen entscheiden sich die Frauen für einen Wechsel des Arbeitsplatzes“, so Oberhammer. Deshalb solle das neue Antimobbinggesetz vor allem auf Prävention setzen.
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