Der Rückpfiff
Waltraud Deeg kassiert bei ihrer Reform der Kinderbetreuung einen herben Dämpfer: Die Vereinheitlichung der Tarife für die Kinderhorte wird aus Rücksicht auf die Gemeindewahlen verschoben.
Von Matthias Kofler
Am Dienstag gab sich Waltraud Deeg noch selbstbewusst: „Wie soll man einer Mama in Bozen erklären, dass sie für die eine Betreuungsform diesen Tarif und für eine andere Betreuungsform einen ganz anderen Tarif zahlen muss?“, rechtfertigte die Landesrätin im Gespräch mit der TAGESZEITUNG ihr Vorhaben, die Tarife für die Kinderbetreuung landesweit anzugleichen und dafür allgemein geltende Stundentarife zwischen 0,90 Euro und 3,65 Euro einzuführen.
Die Landesrätin rechnete zwar mit einer „heißen Diskussion“. Dass sie am Ende mit ihrem Reformvorhaben aber baden gehen werde, davon ging Waltraud Deeg wahrlich nicht aus. Die Landesrätin wurde gestern gleich von zwei Seiten im Regen stehen gelassen: Auf der einen Seite verweigerte ihr LH-Stellvertreter Christian Tommasini die Zustimmung, der hinsichtlich der bevorstehenden Gemeindewahlen einen politisch ungeschickten Schachzug vermeiden wollte. Auf der anderen Seite war aber auch Landeshauptmann Arno Kompatscher der Meinung, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für eine Anpassung (und eine befürchtete Erhöhung) der Kinderhort-Tarife sei.
Waltraud Deeg hatte mit ihrem Beschluss die gesamte wahlkämpfende Bozner Opposition auf die Barrikaden gebracht. Elena Artioli hat im Landtag gar einen Misstrauensantrag gegen die SVP-Poltikerin eingereicht.
Obwohl die Landesrätin in der TAGESZEITUNG erklärte, sie werde auf dieser Reform beharren, weil sie eine Gleichbehandlung einführe, muste sie bei der Regierungssitzung am Dienstag erfahren, dass ihre Reform (zumindest derzeit) nicht mitgetragen werde. Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärte auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Regierungssitzung, dass nie von einer Angleichung der Tarife die Rede gewesen sei. Kompatscher relativierte die Aufregung und meinte, es habe sich um einen „Sturm im Wasserglas“ gehandelt. Man kann davon ausgehen, dass über das leidige Thema erst nach den Bozner Gemeindewahl – wenn nicht erst nach der Bildung eine Stadtregierung gesprochen werde.
Von der Landesregierung beschlossen wurde gestern lediglich eine Abrechnung auf Stundenbasis für den Tagesmütterdienst und für die Kindertagesstätten. Die Kinderhorte wurden von der Reform vorübergehend ausgeklammert, weil es „noch Diskussionsbedarf“ gebe, sagte der LH.
Um die Kontinuität aus pädagogischer Sicht zu gewährleisten, sieht das neue Modell ein Mindestkontingent von zwölf Betreuungsstunden pro Woche und Kind vor. Neu ist auch, dass sämtliche Formen der Kleinkindbetreuung, also Kinderhorte, Kitas und Tagesmütter bzw. -väter, künftig von Land und Gemeinden mitfinanziert werden sollen. Das neue Finanzierungsmodell hat mehr Planungssicherheit und eine qualitative Weiterentwicklung des Angebots zum Ziel.
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