Die Widersprüche
Das neunjährige Mädchen, das am 2. März vor einem Supermarkt im Unterland entführt worden sein soll, bestätigt die Version ihres Vaters. Teilweise.
(tom) Es gibt keine direkten Augenzeugen für die Szene, die sich am 2. März um die Mittagszeit vor einer Lidl-Filiale im Unterland zugetragen haben soll. Auch keine Aufnahmen einer Überwachungskamera.
Es gibt aber die Version des mutmaßlichen Opfers einer Straftat, die von der Staatsanwaltschaft derzeit als versuchte Entführung eingestuft wird: Ein neunjähriges Mädchen, das am Montag rund eine Stunde lang von Voruntersuchungsrichter Walter Pelino im Spiegelsaal der Staatsanwaltschaft in Bozen angehört wurde.
Die Version lautet:
Ein Mann dunkler Hautfarbe (der am 4. März verhaftete 30-jährige Mann aus Nigeria) habe sie an der Jacke festgehalten, begleitet von der Aussage – auf Italienisch – „ich zeige dir ein Geschäft“.
Der Vater des Mädchens hatte gegenüber den Ermittlern ausgesagt, die Szene habe sich am Eingang der Lidl-Filiale zugetragen – er habe dies allerdings nicht mit eigenen Augen gesehen, sondern über die Schreie seiner Tochter mitbekommen. Das Mädchen sagte hingegen aus, der Mann habe sie im Innenhof des Wohnhauses festgehalten, das gegenüber dem Eingang zum Supermarkt liegt.
„Das ist ein eindeutiger Widerspruch zu den Aussagen des Vaters“, erklärt Nicola Nettis, der Anwalt des Tatverdächtigen. Er stufte die Tat von Anfang an als Nötigung ein, eine wesentlich leichtere Straftat als versuchte Erpressung. Warum sein Mandant das neunjährige Mädchen angefasst hat, kann Nettis auch nicht sagen.
Er weist aber darauf hin, dass der 30-jährige Nigerianer, der die Anhörung des Mädchens mit der Bibel in der Hand verfolgte, kein Italienisch sondern allein Englisch spreche. Er könne zum Mädchen schwerlich gesagt haben „ich zeige dir ein Geschäft“.
Der Verteidiger strebt für seinen Mandanten einen gerichtlichen Vergleich wegen Nötigung an, nun ist zu sehen, ob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen versuchter Entführung erhebt.
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