Die CIPRA-Forderung
Die nationalen Vertretungen der Alpenschutzkommission CIPRA aus Deutschland, Österreich und Südtirol fordern für den gesamten Alpenraum einen Stopp für die flächenhafte Erweiterung von Skigebieten.
Die nationalen Vertretungen der Alpenschutzkommission CIPRA aus Deutschland, Österreich und Südtirol fordern für den gesamten Alpenraum einen Stopp für die flächenhafte Erweiterung von Skigebieten.
CIPRA ruft die am 18./19. April 2016 in Murnau tagenden BundesministerInnen für Raumordnung der Alpenstaaten auf, sich unter anderem am Beispiel des bayerischen Alpenplans zu orientieren und den Ausbau der Skigebiete in den Alpen durch eine international abgestimmte neue Raumplanung räumlich zu begrenzen. Der beliebige flächenhafte Ausbau von Skigebieten mit neuen Liften und Pisten führt international zu einem ruinösen Wettbewerb der Skigebiete, zerstört Natur und Landschaft und leistet keinen Beitrag zur Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft.
Die Belastungsphänomene im alpinen Raum durch touristische und verkehrsbezogene Übernutzungen sind seit Langem bekannt. Die bekanntesten Instrumente zur Lenkung des ungezügelten Wachstums von Skigebieten stammen noch aus dem vorigen Jahrhundert: Landesentwicklungsprogramm mit dem Teil Bayerischer Alpenplan (D), Ruhegebiete (Tirol; Ö), Gletscherschutz (Kärnten, Salzburg, Tirol, Vorarlberg; Ö), Bundesinventare zum Schutz von Landschaften von nationaler Bedeutung, (CH), Nachdenkpausen, Obergrenzen und verschiedene Seilbahnprogramme in Tirol und Südtirol.
Alle diese Beiträge konnten die immer weiter und höher voranschreitende Gebirgserschließung mit Liften und Pisten im internationalen Vergleich nicht einschränken, sondern höchstens da und dort punktuell bremsen. Große Skigebiete schließen sich zusammen, wachsen und verdrängen weiter, während kleine Skiorte der zunehmenden Konkurrenz nicht gewachsen sind und den Betrieb einstellen. So fordern bayerische Wintersportorte (z.B. Riedberger Horn) nach wie vor den weiteren Ausbau ihrer Skigebiete mit Verweis auf die weiterhin wachsende Konkurrenz in den Nachbarländern wie Österreich.
Bayerischer Alpenplan – eine Diskussionsgrundlage für eine neue alpine Raumordnung?
Auf Ebene der Alpenregionen gibt es einige erfolgreiche Planungsinstrumente der Alpinen Raumordnung zur Begrenzung und Steuerung des skitouristischen Wachstums.
Zum Beispiel der Alpenplan in Bayern: er ist Bestandteil des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) und regelt mittels einer flächendeckenden Zonierung die (verkehrs-)infrastrukturelle Erschließung der Bayerischen Alpen, um verschiedene Raumnutzungsansprüche auszugleichen.
Der Alpenplan hat als raumplanerisches Zonierungsinstrument erfolgreich dem Erschließungsdruck des Massenskitourismus standgehalten und gleichzeitig bedeutende Verbesserungen für den Schutz sensibler hochalpiner Bereiche bewirkt. Er basiert auf der Idee, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit von Verkehrsinfrastrukturerschließungen wegen deren indirekter Effekte auf Siedlungs- und Tourismusentwicklung eine Schlüsselrolle für die allgemeine Raumentwicklung spielt. Der Alpenplan ist das Rückgrat der alpinen Naturschutzpolitik Bayerns. Gleichzeitig konnten sich die bayerischen Wintersportorte dennoch weiter entwickeln: so transportieren die Lifte heute rund 250 % mehr Personen pro Stunde als 1972 zu Beginn des Alpenplans.
Die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA hat sich seit ihrer Gründung im Jahre 1952 stets für alpenweit, international wirksame Lösungsansätze verwendet. So setzte sie sich u.a. jahrzehntelang für die Ausarbeitung der den gesamten Alpenraum in acht Alpenanrainerstaaten umfassenden Alpenkonvention ein und begleitet deren Umsetzung als Beobachterorganisation.
Das völkerrechtlich verbindliche Instrument der Alpenkonvention ist als Nachhaltigkeitsinstrument für die Lösung integraler Probleme des Lebens-, Wirtschafts-, Erholungs- und Naturraums im Alpenraum besonders geeignet. Heute muss dieses Instrument endlich umgesetzt und so weiterentwickelt werden, dass es regelnd auf die raumwirksamen Folgen des Wintertourismus einwirkt und eine nachhaltige Entwicklung des Wintertourismus einleitet. Ihre Besonderheit sind alpenweit gleich lange Spiesse bei Genehmigungsverfahren und kann deshalb die gegenseitige Aufschaukelung vermeiden helfen.
In Besinnung auf diese Ausgangslage der Alpenkonvention und die nach wie vor unveränderten Kernprobleme des Alpenraumes fordern die Vorsitzenden der Internationalen Alpenschutzkommission von Deutschland, Österreich und Südtirol, Erwin Rothgang, Peter Haßlacher und Klauspeter Dissinger, die am 18./19. April 2016 in Murnau tagenden Raumordnungsminister der Vertragsparteien der Alpenkonvention auf, einen Beschluss zur Erarbeitung der Eckpfeiler einer neuen alpinen Raumordnungsarchitektur insbesondere zur Begrenzung des Flächenverbrauchs in Zusammenhang mit touristischen Erschließungen und der weiteren Zerschneidung der bisher unversehrten Alpinräume zu fassen. Die lange Liste der schitouristischen Infrastrukturvorhaben macht diese Forderung unumgänglich (siehe Kartenbeilage).
Die drei anwesenden CIPRA-Vertretungen regen zur raschen Implementierung der Forderung nach einer alpenweit geltenden neuen alpinen Raumordnungsarchitektur, orientiert an guten Beispielen – wie am bayerischen Alpenplan, – an. Die Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Alpine Freiraumplanung/Alpine Raumordnung“ bei der nächsten XIV. Alpenkonferenz im Herbst 2016 in Grassau (D) könnte ein erster Schritt sein. Ein prioritäres Ergebnis dieser Arbeitsgruppe sollen alpenweit geltende Vorschläge für das Durchbrechen der sich immer weiter drehenden touristischen Wachstumsspirale sein. Diese sind dann in den einzelnen Staaten auf der jeweils geeigneten Ebene der Gebietskörperschaften umzusetzen.
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