„Aus allen Wolken“
Dicke Luft zwischen Bozen und Trient: Warum sich die Abgeordneten der Mehrheit wegen eines Antrags zur Autonomie-Reform in die Haare geraten sind.
Von Matthias Kofler
Ugo Rossi war sichtlich darum bemüht, den Ernst der Lage herunterzuspielen: „Im Verhältnis zwischen den Provinzen Südtirol und Trentino gab es schon viel schwierigere Momente“, führte der Präsident der Region aus. Er könne die Abgeordneten aber beruhigen: Bislang sei es den beiden Partnern noch immer gelungen, eine Lösung zur beidseitigen Zufriedenheit zu finden.
Über dem Trentiner Regionalrat zogen am Mittwoch dunkle Wolken auf. Anlass war ein Beschlussantrag zum Autonomiekonvent, unterzeichnet von Ugo Rossi, Arno Kompatscher und anderen Abgeordneten aus Trentino und Südtirol.
Brisant: Von der SVP haben den Antrag nur zwei Vertreter, nämlich der LH und Fraktionschef Dieter Steger unterzeichnet. Die meisten anderen Abgeordneten wussten am Mittwoch also gar nicht, was der Antrag überhaupt beinhaltete.
Es geht laut Titel um „Koordinierungsmaßnahmen mit den Landtagen von Trient und Bozen zwecks Reform des Autonomiestatutes von Trentino-Südtirol“. Demnach sollen die Arbeiten bzw. die Ergebnisse des Südtiroler Autonomiekonvents und des entsprechenden Trentiner Pendants von der Region bzw. dem Regionalrat koordiniert werden.
Andreas Pöder hat sofort die Lunte gerochen: Auf Nachfrage bei den Präsidialsekretären Roland Tinkhauser und Maria Hochgruber Kuenzer wurde dem Abgeordneten der BürgerUnion versichert, dass das Südtiroler Landtagspräsidium über den Antrag nicht informiert worden war. Das ist insofern erstaunlich, als der Autonomiekonvent per Landesgesetz eingeführt wurde und demnach das Landtagspräsidium für die Abwicklung der Arbeiten verantwortlich ist.
Laut den Schilderungen eines Abgeordneten sind Maria Kuenzer und Roland Tinkhauser „aus allen Wolken gefallen“, als sie über den Beschlussantrag informiert wurden.
Der Freiheitliche beantragte umgehend eine Unterbrechung der Sitzung für eine Beratung innerhalb der deutschen Opposition. Dabei waren sich Sven Knoll, Andreas Pöder und Co. schnell darüber einig, dass der Beschlussantrag „einer Katastrophe“ gleichkomme. „Damit würden wir den jahrzehntelangen Sonderweg Südtirols bei den Autonomieverhandlungen verlassen und unsere Forderungen nach einer Koordinierung unter der Federführung des Regionalrates mit den Trentinern aussetzen“, hieß es vonseiten der Rechtsopposition. Die Südtiroler Autonomie basiere nämlich auf dem Volksgruppenschutz, die Trentiner hätten sich „nur an Südtirol angehängt“.
Der Beschlussantrag war vor allem auf Drängen der Trentiner ausgearbeitet worden, um einen allzu eigenständigen Weg der Südtiroler bei der Statutenreform zu unterbinden und um gleichzeitig die Region aufzuwerten. Erst vor wenigen Monaten war im Trentiner Landtag ein Gesetzentwurf von Senator Karl Zeller einstimmig abgeschmettert worden, der eine Übertragung der regionalen Kompetenzen an die beiden Länder vorgesehen hätte.
In einer Sitzung aller Südtiroler Abgeordneten verteidigten der LH und Dieter Steger ihre Position zunächst heftig – gegen den Widerstand von Sven Knoll, Pius Leitner und Andreas Pöder. Dieser Antrag sei eine „Absegnung der Politik Degasperis, der die Region als Zwangsehe zwischen Trentino und Südtirol wollte, um die Südtiroler im Zaum zu halten“, giftete Pöder.
Auch vonseiten der SVP-Abgeordneten fielen kritische Worte. Verwunderung herrschte vor allem darüber, dass Steger einzig den Grünen Hans Heiss über den Beschlussantrag informiert hatte. „Niemand wusste so recht eine Antwort darauf, nicht einmal Hans Heiss selbst“, sagt ein SVP-Politiker.
Der LH und Dieter Steger standen mit dem Rücken zur Wand: Nachdem sich abzeichnete, dass es unter den Südtiroler Abgeordneten keine Mehrheit für den Antrag geben würde, ruderten die beiden SVP-Politiker zurück: Man werde den Beschlussantrag umschreiben, versprachen Kompatscher und Steger.
Die Opposition beharrte jedoch auf ihrer Forderung nach einer Vertagung des Antrags, um die Fraktionssprecher in die Abänderung des Textes miteinzubeziehen. Dieter Steger gab daraufhin im Plenum bekannt, dass die Tagesordnung vertagt werde. Dieses Mal zur großen Verwunderung der Trentiner Abgeordneten.
Ugo Rossi hatte sichtliche Schwierigkeiten damit, die Vertagung des Antrags zu rechtfertigen: „Wenn die Vertreter einer Sprachgruppe noch Zeit zum Vertiefen des Themas brauchen, dann müssen wir das respektieren“, bedauerte der Präsident. Die Trentiner Opposition reagierte mit Schadenfreude. Rodolfo Borga meinte: „Immer dann, wenn die SVP nicht will, muss der PATT klein beigeben.“
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