„Utopie Europa“
Ein von 3 Institutionen getragenes Kulturprojekt versucht unter dem Titel „Utopie Europa“ einen Blick auf die Situation unseres Kontinents werfen. Literatur Lana, Lungomare und NIDS (Neues Institut für Dramatisches Schreiben) bespielen und reflektieren in je unterschiedlicher Weise und mit unterschiedlichen Programmen das große Thema. In dieser Woche startet das Projekt mit einer gemeinsamen Aktion: Plakate stellen die Fragen nach den Begriffen von „Krise“, „Angst“ und „Grenze“ in den öffentlichen Raum.
Die Frage, wie man auf die enormen Umwälzungen und Herausforderungen, die derzeit Europa bestimmen, kulturell reagieren kann, ist zunächst eine verlegene: welche Form und welche Haltung des Sprechens können denn so tief greifenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen schon einigermaßen entsprechen? Dennoch stellt ein Gemeinschaftsprojekt den Versuch an, durch offene Dialoge und offene Fragen ein kulturelles Handeln der gesellschaftlichen Intervention zu erproben. „Utopie Europa“, eine Initiative von Literatur Lana, Lungomare und NIDS (Neues Institut für dramatisches Schreiben), will Ordnungen, die sich durch die jüngsten Migrationsbewegungen in Europa neu herstellen, reflektieren. Sie versucht, Unsicherheiten und Erfahrungen eines Kontinents, der in Umbruch ist, aufzuspüren und Fragen dazu zu gestalten.
Das will sie ohne Versprechen auf Lösungen tun, sondern mit Ausblick auf einen offenen Ausgang, der stets eine Zivilgesellschaft des gegenseitigen Respekts und der Humanität vor Augen hat. Angeknüpft wird dabei an das Konzept der „Utopie“, das die europäische Geschichte und Kulturgeschichte seit der Antike denkt. Wenn „Utopie“ einerseits als Topos der nicht verortbaren Verortung gilt und damit als ständige Möglichkeit des Andersseins und Anderssehens; wenn eine Utopie andererseits die Vision einer besseren Gesellschaft entwirft und damit die Gestaltung von Zukunft im Visier hat, dann proklamieren Utopien, so oder so, einen Abschied von bestehenden Ordnungen.
Was aber, wenn Utopien selbst verabschiedet werden, wie es jüngst der Idee Europa droht? Was ist ihr Gegenentwurf? Oder an wen und an welche Weltbilder geben sie die Vorstellung einer besseren Gesellschaft ab? Vielleicht können solche und ähnliche Fragen durchgespielt werden, indem sie durch Gespräche und Erzählungen durchexperimentiert werden und denk- und lebbare Möglichkeiten einer komplexen Gegenwart aufzeigen.
Das Thema der Utopie wird von den drei Institutionen in unterschiedlichen Aktionen und Veranstaltungen verfolgt und gestaltet. Literatur Lana wird in Übersetzerworkshops mit dem Palästinenser Mazen Maarouf und in einem Schwerpunkt zu arabischer Literatur im Herbst dem Konzept folgen. Lungomare führt im Zeitraum von März bis Dezember ein Residenz-Projekt mit der italienischen Künstlerin Beatrice Catanzaro und der Geografin Kolar Aparna vom Institut of Border Research in Nijmegen (NL) durch; und das NIDS wird die Summer School Südtirol im Juli dem Thema der Utopie widmen.
Den Auftakt zur thematischen Reihe macht eine Plakataktion im März: Sie greift Begriffe auf, die so prägend durch unsere Gegenwart ziehen, dass sie unter ihrer Bedeutungslast auch schon undeutlich werden. Denn wovon reden wir, wenn wir von „Krise“, von „Angst“, von „Grenze“ reden? Was bewirken solche Wörter in ihrer Vielfalt der Stimmen und Sprachen? Wie sehr bestimmen sie unsere Sicht auf die Gegenwart? Und wer oder wer steht hinter den Begriffen?
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