„Verlottertes Viertel“
Der ehemalige Landtagsabgeordnete, WoBi- und SVP-Arbeitnehmer-Chef Albert Pürgstaller ist ein Pendler – und wird an der Bürgerbefragung zum Benko-Projekt teilnehmen.
TAGESZEITUNG: Herr Pürgstaller, Sie arbeiten nach Ihrer politischen Karriere wieder bei der Volksbank und pendeln täglich von Brixen nach Bozen. Sie könnten an der Bürgerbefragung zum Benko-Projekt teilnehmen?
Albert Pürgstaller: Ich werde teilnehmen, ich habe mich auch schon eingetragen.
Warum?
Ich finde es grundsätzlich sehr positiv, wenn auch die Pendler befragt werden. Die Pendler bringen eine große Wertschöpfung in eine Ortschaft, sowohl direkt als auch indirekt. Daher finde ich es richtig, dass sie mitreden können.
Sie stimmen für das Projekt?
Natürlich! Es ist höchst an der Zeit, dass in Bozen eine Entwicklung stattfindet.
Es gibt viele Menschen im Lande, die sagen: Wäre das Land Südtirol in den vergangenen Jahrzehnten so regiert worden wie die Stadt Bozen, dann gäbe es keine MeBo, keine Universität, gar nichts.
Es stimmt: Sehr viele Jahre lang ist in Bozen relativ wenig passiert, auch weil die politischen Voraussetzungen für eine Entscheidungsfindung nicht gegeben waren. Ich habe insbesondere als WoBi-Präsident die Erfahrung gemacht, wie schwierig es ist, in Bozen politische Entscheidungen herbeizuführen.
Warum ist Bozen so ein schwieriges Pflaster?
Das ist einmal die Riesenanzahl an Kleinparteien. Es ist schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden, weil jede dieser Kleinparteien darauf erpicht ist, die eigene Klientel zu bedienen …
Mit dem neuen Wahlgesetz wird alles besser?
Ich glaube nicht, dass sich weiß Gott wie viel ändern wird. Die Parteien können in Listenverbindungen antreten, aber nach geschlagener Wahl können sie wieder als Einzelparteien agieren.
Als ehemaliger Bürgermeister von Brixen haben Sie persönliche Erfahrungen mit Referenden gemacht, wir sprechen das Plose-Referendum an. Ist es richtig, dass in Bozen der Kommissär entscheidet? Oder hätte Michele Penta warten sollen, bis der neue Gemeinderat im Amt ist?
Meine persönliche Meinung ist schon die, dass die gewählten politischen Gremien, wenn es sie gibt, die Entscheidungen treffen sollten. Es gibt dann Themen, die sind sehr umstritten. Daher ist es schwierig, eine Entscheidung herbeizuführen. In diesen Fällen kann das Instrument Volks- oder Bürgerbefragung hilfreich sein. Das Bozner Kaufhausprojekt ist ein sehr heiß diskutiertes Thema, ich denke, es ist gut und richtig, dass die Bevölkerung mitentscheidet.
Warum sind Sie für das Projekt?
Das Bahnhofsareal muss aufgewertet werden. Ich kenne die Zone aus meiner Zeit als Landtagsabgeordneter. Wir haben es mit einem verlotterten Viertel zu tun, es ist höchst an der Zeit, dass aus diesem gewaltigen Areal endlich etwas Ordentliches gemacht wird.
Auch die Kaufhaus-Gegner wären für eine Aufwertung dieses Viertels?
Ich kann dazu nur sagen: Ich habe von Berufs wegen öfters in dieser Zone zu tun, aber vielen Einheimischen bin ich in dieser Zone nicht begegnet.
Nun könnte in Bozen eine völlig absurde Situation eintreten: Die Bevölkerung sagt Ja zum Benko-Projekt, mit Renzo Caramaschi und Christoph Baur könnten zwei Projekt-Gegner die Stadt regieren …
Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass die beiden Herren erst einmal gewählt werden müssen. Sobald sie in der Verantwortung stehen, werden sie sich mit der Frage konfrontieren, und es wird sich zeigen, ob ihre Haltung dann noch dieselbe ist. Wenn sie weise Verwalter sind, dann werden sie sich das Ergebnis der Bürgerbefragung zu eigen machen. Wenn das Ja gewinnt, werden sie das Projekt hundertprozentig vorantreiben, wenn das Nein gewinnt, ist die Sache eh schon gelaufen.
Interview: Artur Oberhofer
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