Mord am Steuer
Bis zu 18 Jahre Haft blühen nach einer Gesetzesverschärfung Autofahrern, die im Suff einen Menschen töten. Übertriebene Schikane oder gerechtfertigte Strafe?
Von Anton Rainer
„Bis jetzt haben wir mit strengen Strafandrohungen gute Erfahrungen gemacht“, sagt Peter Mock, „die Zahlen gingen in den vergangenen Jahren stark zurück.“ Je höher desto besser – so lautet auch das Credo Matteo Renzis zum Strafausmaß bei Trunkenheit.
Nach einer Gesetzesänderung, die der Senat in einer Vertrauensabstimmung am vergangenen Mittwoch beschloss, riskieren Personen, die betrunken oder unter Drogeneinfluss hinterm Steuer sitzen – und dabei für den Tod eines Menschen verantwortlich sind – nun bis zu 18 Jahre Haft.
Der Grund ist eine deutliche Verschärfung der Rechtslage, die sich nicht nur auf das Ausmaß der Haftstrafe auswirkt, sondern auch auf die Definition der Tat. Bisher wurden derartige Delikte als „fahrlässige Tötung“ und in Ausnahmefällen als „Mord mit bedingtem Vorsatz“ geahndet, inklusive deutlich laxerer Strafen als von Angehörigen gefordert.
Mit der Neueinführung der Straftaten „Omicidio Stradale“ (zu deutsch in etwa „Straßen-Mord“) und den „Lesioni personali stradali“ ändert sich nicht nur Artikel 589 des Strafgesetzbuchs – sondern auch der Zeitraum, in dem Täter ohne ihr Auto auskommen müssen.
Bis zu 30 Jahre lang könnte ein Führerschein in Zukunft eingezogen werden, „eine fast lebenslängliche Strafe“, kritisiert Senator Hans Berger. Er selbst hat nur mit Bauchschmerzen für die Verschärfung gestimmt:
Mörder verdienen sich harte Strafen, sagt Berger, aber müssen sie gleich so hart sein?
„Wir haben es hier mit einer moralischen Panik zu tun“, urteilt indes Peter Koler. Der Leiter der Fachstelle „Forum Prävention“ sieht hinter dem jüngsten Regierungs-Vorstoß nur die neueste Welle in einem jahrelangen Trend: „Die Italiener glauben, es reicht aus, die Strafen immer weiter zu erhöhen und damit verschwindet das Problem.“
Nach jedem Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang, bei dem Alkohol eine Rolle spiele, reagiere Rom auf das „kollektive Trauma“ mit dem einzigen Instrument, das einer Regierung zur Verfügung stehe:
„Strafen, strafen, strafen – jedes Mal ein bisschen mehr.“
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