Expo & Cappuccino
Der Rechnungshof rügt die Südtiroler Freiheitlichen: Es bestünden ernsthafte Zweifel, dass die Fraktionsgelder nur zu institutionellen Zwecken verwendet wurden.
Von Matthias Kofler
Den Fraktionssprechern im Regionalrat flatterte am Dienstag ein brisantes Schreiben ins Haus. Unter dem Betreff „Antrag auf Ergänzung der Unterlagen“ teilt Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo mit, dass der Rechnungshof seine Überprüfungsarbeiten der Rechnungslegungen der Fraktionen im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2015 abgeschlossen habe.
Die Kontrollsektion, so schreibt Chiara Avanzo weiter, habe am 18. Februar einen Beschluss gefasst, der dem Präsidium weitergeleitet worden sei. Darin sei eine Frist von 15 Tagen für die Nachreichung von Unterlagen, für klärende Unterlagen und die eventuelle Berichtigung gesetzt worden.
Im Brief der Präsidentin wird dann, aufgeteilt nach den einzelnen Fraktionen, aufgelistet, was der Rechnungshof an den Rechnungslegungen zu bemängeln hat. Die Fraktionen werden dazu angehalten, bis 4. März die angeforderten Unterlagen nachzureichen.
Zur Erinnerung: Die Fraktionen im Regionalrat erhalten je Abgeordneter rund 5.000 Euro im Jahr zur Entlohnung eines Mitarbeiters. Weitere 5.000 Euro je Abgeordneter stehen für allgemeine Ausgaben zur Verfügung. Das Gesetz schreibt vor, dass die Fraktionssprecher alljährlich eine genaue Rechnungslegung der Einnahmen und Ausgaben vorlegen müssen. In der Verordnung ist festgeschrieben, dass die Fraktionen die Gelder „zur Abwicklung ihrer Tätigkeit“ verwenden müssen. Diese Ausgaben müssen dokumentiert und mit Rechnungen belegt werden.
Der überwiegende Teil der Fraktionen im Regionalrat hat sich nach Ansicht des Rechnungshofes an die gesetzlichen Vorgaben gehalten. Ihre Ausgaben werden nicht in Frage gestellt. Die Fraktionen werden lediglich dazu aufgefordert, kleinere Korrekturen bei den Abrechnungsformularen vorzunehmen oder vorgeschriebene IRAP-Zahlungen zu dokumentieren. Zudem fehlt bei einigen Fraktionen die vorgeschriebene Unterschrift aller Mitglieder unter der Rechnungslegung des Fraktionssprechers.
Einzig die Freiheitlichen tanzen in Sachen Abrechnungen aus der Reihe. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Blauen schon in den vergangenen Jahren immer wieder wegen fehlerhafter Fraktionsausgaben gerügt wurden. In der abgelaufenen Legislatur wurde den Freiheitlichen gar vorgeworfen, ihre gesamte Parteitätigkeit über das Fraktionsbüro abzuwickeln – und mit Geldern aus dem Fraktionstopf zu bezahlen. „Wir haben ein lupenreines Gewissen“, stellte damals der Fraktionschef der Blauen, Pius Leitner, klar. „Kein einziger Cent ist jemals in die Tasche eines Abgeordneten geflossen. Kuhglocken, Beiträge für Maturabälle – dafür muss bei uns jeder selbst aufkommen.“
Wer dachte, das die Freiheitlichen aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt hätten, muss angesichts der neuen Vorwürfe des Rechnungshofes stutzig werden. Wie die Kontrollsektion nun mitteilt, bestehen bei der Freiheitlichen Fraktion im Regionalrat ernsthafte Zweifel, dass die getätigten Ausgaben – wie vom Gesetz vorgesehen – immer mit der institutionellen Tätigkeit in Verbindung stehen.
Die Freiheitlichen werden aufgefordert, die Verwendung der Ausgaben klarzustellen und „entsprechende Beweisunterlagen“ vorzulegen.
Konkret geht es um eine Reise nach Mailand, die die Fraktion im Oktober 2015 unternommen hatte. Diese kostete insgesamt 1.970,44 Euro – 994 Euro (plus 24,50 Euro Tourismussteuer) davon wurden für die Unterbringung veranschlagt. Laut Rechnungshof fehlt aber eine klare Begründung des institutionellen Zweckes dieser Reise. „Geben Sie Auskunft bezüglich der Angabe des Datums, an dem der Außendienst stattfand, der Namhaftmachung der teilnehmenden Personen und geben Sie an, in welcher Funktion diese genau teilgenommen haben, um die Verbindung mit der institutionellen Tätigkeit der Fraktion zu belegen“, fordert der Rechnungshof.
Im Schreiben wird dann eine Reihe von – zugegeben – eher bescheidenen Ausgaben aufgelistet, die man durchaus auch aus der eigenen Brieftasche bezahlen hätte können: Angeführt werden etwa eine Getränkerechnung in einer Bar im Wert von 27 Euro, ein Essen im Restaurant „Magellano“ zu 175 Euro, Tickets für die Mailänder Expo, die 273 Euro kosteten, vier Öfi-Fahrkarten in Mailand zu sieben Euro – und schließlich eine Tiefgaragen-Rechnung zu zwölf Euro. Zudem mussten die Blauen 142 Euro für eine nicht näher genannte „Vertragsstrafe“ berappen.
+++ „Das ist kindisch“ +++
Die Freiheitlichen reagieren gelassen auf die Vorwürfe des Rechnungshofes: Man werde die geforderten Unterlagen nachreichen.
TAGESZEITUNG Online: Herr Fraktionssprecher, was sagen Sie zu den Vorwürfen des Rechnungshofes?
Walter Blaas: Das sind keine Vorwürfe, sondern es handelt sich um Formfehler, die wir beheben sollen. Wir werden die vom Rechnungshof geforderten Unterlagen nachreichen und die Präzisierungen vornehmen. Dabei ist es immer das Gleiche: Wir versuchen, möglichst präzise zu arbeiten und uns an die Vorgaben zu halten. Da es aber kein Formblatt gibt, an das wir uns halten können, kommt jetzt der Rechnungshof her und sagt, was seiner Meinung nach alles ausständig ist. Das ist kindisch.
Sie sehen hier keine großen Schwierigkeiten?
Nein, aber es ist lästig und übertrieben. Zum Beispiel fordert der Rechnungshof genaue Details zu Werbematerialien ein, die wir angefertigt haben. Da steht überall unsere Fraktion auf. Es ist hier also nicht schwer, den institutionellen Zweck nachzuweisen. Wir werden diese Materialien abfotografieren und eine Kopie an den Rechnungshof schicken.
Der Rechnungshof sieht vor allem bei Ihrer Reise nach Mailand Klärungsbedarf …
Im Gegensatz zu früher werden nicht unsere Ausgaben als solche beanstandet. Man will nur den institutionellen Zweck erläutert haben. Das ist kein allzu großes Problem, weil wir die Reise mit einem institutionellen Besuch der Region Lombardei verbunden haben.
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