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Die Abscheulichen 8

In „The Hateful 8“  liefert Quentin Tarantino zwar wieder reichlich spritzendes Blut, versucht es aber mit einem neuen Konzept.

von Renate Mumelter

Diesmal nimmt sich Tarantino Zeit. Alles beginnt mit einem ans Kreuz genagelten Christus in einer Schneelandschaft in Wyoming. Eine Westernkutsche kommt des Weges. Sie hat zunächst einen, später zwei Kopfgeldjäger an Bord. Kopfgeldjäger sind Standard in Tarantinofilmen. Die Kutsche fährt zu Minnies Miederladen, einem besseren Verschlag mitten in der Einöde, weil ein Schneesturm ausbricht. Dort sind sie dann zu 8, sieben Männer und eine von einer Männergesellschaft geprägte Frau. Sie werden von der Natur in einem einzigen Raum festgehalten, jeder mit seinen Abgründen. Ein Klassiker. Den 8 Menschen bleibt nichts anderes übrig, als ins Gespräch zu kommen, und das tun sie ausführlich. Die Grundstimmung in der Hütte ist von Misstrauen geprägt, alle haben Dreck am Stecken, keiner ist harmlos, auch die Lady nicht. Wer wirklich wer ist, bleibt ebenso offen, wie die Frage, wer von den 8 nun ganz böse, etwas böse oder gar ein bisschen gut ist. Gewalttätig sind alle, hasserfüllt auch und rassistisch dazu. Tarantino nutzt die Gelegenheit, um zwischen den Zeilen darüber nachzudenken, woher die Gewaltbereitschaft in den USA kommt, die nach wie vor Probleme schafft: Übergriffe von Polizisten, Amokläufe, kriegerische Interventionen, Lynchjustiz.

„The Hateful 8“ fährt die harte Schiene, was bei Tarantino normal ist. Und doch gibt es Momente, in denen bei diesen harten Kerlen Emotionen an die Oberfläche kommen, Verständnis, Mitgefühl, Trauer, Romantik sogar. Für Augenblicke nur. Abgesehen von ein paar Rückblenden ist der Film in seiner Einheit von Zeit, Ort und Handlung formal ein Klassiker: Eine Menschengruppe in einem geschlossenen Raum, die redet, Fragen auf der Spur ist, sich selbst entlarvt. Mir fällt dazu Hitchcocks „Rope“ ein. Die Action-Erwartungen der Fans dürfte dieser Tarantino-Film nicht erfüllen. Dabei ist er hervorragend gespielt, Ennio Morricones Musik hat zu Recht den Golden Globe bekommen und die Dialoge sind brillant. Die Originalfassung gibt es am Montag im Filmclub. Der Film ist im ganzen Land zu sehen.

The Hateful 8 (USA 2015), 168 Min., Regie: Quentin Tarantino. Bewertung: Wirkt nach.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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