So schlecht war der Bozen-Krimi
Teil Zwei von Ex-„Kripo Bozen“ macht in Sachen Standortmarketing so ziemlich alles richtig – und sonst so ziemlich alles falsch. Eine Kritik.
Von Anton Rainer
Was macht eigentlich Dieter Steger? Da sucht dieser umtriebige SVP-Stadtobmann verzweifelt nach einem Bürgermeisterkandidaten für die Landeshauptstadt, ohne mitzubekommen, dass die Kollegen von der ARD längst jemanden gefunden haben. Wir dürfen vorstellen: Stefan Keller, seines Zeichens Landtagsabgeordneter und nächster Bürgermeister von Bozen.
Ein Blick auf die Krawatte verrät dabei schon, worauf man sich einlässt: Der Typ ist entweder SVP-Kandidat oder Sparkassen-Mitarbeiter – also in jedem Fall vertrauenswürdig. Und: Er ist noch einer der unterhaltsamsten Neueinsteiger in der zweiten Folge von Kripo Bozen, pardon, des „Bozen-Krimis: Das Fünfte Gebot.“
Er ist auch nicht der einzige.
Nach den vernichtenden Kritiken, die Teil Eins der Südtiroler Tatort-Alternative einstecken musste, entschieden sich die Sonderverantwortlichen nämlich nicht nur für einen Namenswechsel – „Kriminalpolizei“ war im Land der Carabinieri dann doch etwas albern – sondern auch für einen neuen Regisseur.
Und tatsächlich: Thorsten Näter, seines Zeichens erfahrener Tatort- und Polizeiruf-Veteran, hat Handlung und Schauspieler zumindest handwerklich besser im Griff als sein Vorgänger. Hauptdarsteller aber bleibt auch im zweiten Teil, wie zu erwarten, das Panorama. So darf sich nicht nur Bozen von seinen schönsten, sprich zentrums-fernsten, Seiten zeigen, auch der Kalterer See (als Tatort), das Sellajoch (als besserer Bildschirmschoner) und die Schlachthofstraße (als seltsam prostitutionsfreie Zone) machen ihre Sache recht gut.
Das müssen sie auch, denn von der dünnen Handlung sucht man als Zuschauer erwartungsgemäß recht schnell Ablenkung.
Dabei spricht für den „Bozen-Krimi“ immerhin, dass man sich in Folge Zwei bei gleich zwei Fällen langweilen darf. „Commissario“ Sonja Schwarz (Chiara Schoras) darf im traditionell folgenübergreifenden Skelettfund gemeinsam mit Gerichtsmedizinerin Heidi Grün (Floriane Daniel) um die Unschuld von Ehemann Thomas Schwarz kämpfen – eine schwarz-grün-schwarze Koalition sozusagen – während sich im sogenannten Fall der Woche die Mafia (!) in Bozen niederlässt.
Damit gemeint ist nicht etwa der Puglieser „Commissario Capo“ (puh, diese Titel) Zanchetti, der sich von Bari nach Bozen verlegen lässt, um Herzen zu brechen und Fälle zu lösen, sondern die kolumbianische Mafia. Die hat nämlich einen ebenso genialen wie diskreten Weg gefunden, um Kokain durch ganz Europa zu schmuggeln. Wie das geht? Sie handelt mit einem Bozner Luxus-Restaurant-Besitzer, der seinerseits den verzogenen Sohn der „Kellerei Brunner“-Dynastie erpresst, um in dessen Weinkisten Koks über die Brennergrenze zu bringen. „Besser kann man Drogen nicht über ganz Europa verteilen“, sagt Frau Comisssario – nur um gleichzeitig festzustellen, dass ein umfallender Gabelstapler ausreichte, um den genialen Plan zu vereiteln. Na dann.
Viel interessanter ist da schon die Einmischung der deutschen Krimi-Profis in den Bozner Gemeinderats-Wahlkampf: Nicht nur, dass man mit Edelweiss-Amuletten (Indiz!) das perfekte SVP-Wahlgeschenk gebastelt hat – die brave, Bari-infiltrierte Kriminalpolizei hat auch noch den perfekten Weg gefunden, um einen deutschsprachigen Bürgermeister zu verhindern: Einen Mord. So platzt Frau Commissario einmal mitten ins aufgeregte Wahlkampfstudio des Abgeordneten Stefan Keller, nur um pathetisch zu verkünden: „Bald steht IHR Name auf der Titelseite, und zwar nicht, weil Sie die Wahl gewonnen haben.“ Auf welcher Titelseite? Na klar, die TAGESZEITUNG kriegt Konkurrenz von den „Südtiroler Nachrichten.“
Aber wer interessiert sich schon für Hintergrundgeräusche, kein Mensch schaut Bozen-Krimis für die Handlung. Frau und Herr Schwarz sind, das ist bekannt, nur der Backdrop für einen Flirt-Zug-Monitor-reif gefilmten Panorama-Porno im Kriminovela-Gewand. Fast kann man sie hören, die Landesvermarkter der (Noch-)BLS, wie sie wutentbrannt ihre Fernseher anschreien: „Hey, Frau Commissario! Sie stehen unseren Bergen im Weg!“
Beobachtungen am Rande:
- Die Südtiroler Weinwirtschaft ist im sprichwörtlichen Keller: Der schnöselige Kellerei-Erbe kann ausgerechnet seine Getränkerechnungen nicht zahlen.
- Noch immer hat niemand den Lichtschalter in der Quästur gefunden. Diese Verhörvideos sind so dunkel, kein Wunder dass die Kripo schläft.
- „Hat Ihre Tochter ein Handy?“ „Des brauchmer net, domols net und heint a net.“ Die Seele Südtirols zusammengefasst.
- Zufälle gibt’s: Die junge Leiche Evelyn hat das Preisschild (teuer!) noch am Kleid, den Schwangerschaftstest (positiv!) in der Griffelschachtel und den Liebesbrief (Beweis!) in der Schultasche. Brave Tote.
- Sätze, die man dem künftigen Bozner Bürgermeister mit ins Amt geben möchte: „Seit Sie der neue Capo sind, vermehrt sich die Mafia in Südtirol wie die Karnickel.“
- „Glaubtest du ernsthaft, Sie würden eine Deutsche zum Capo der Kripo Bozen machen?“ Ah ja, aber an einem deutschen Bürgermeister zweifelt niemand.
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