Geld im Kuvert
Der frühere Stadtbaumeister Franco Bertoluzza hat 2002 von der Unternehmerin Juliane Egartner Nussbaumer ein unerlaubtes Geldgeschenk entgegengenommen. Zu diesem Schluss kommt nun das Oberlandesgericht.
Von Thomas Vikoler
Es handelt sich um die entscheidende Szene des Bestechungsskandals:
Franco Bertoluzza, damals mächtiger Direktor des Amtes für öffentliche Arbeiten der Gemeinde Bozen, empfängt in seinem Büro die Unternehmerin Juliane Egartner Nussbaumer (Wipptaler Bau). Es ist der 11. September 2002.
Was die beiden nicht wissen: Ihr Gespräch wird von der Polizei mit einer Spy-Kamera gefilmt.
Es bestand der Verdacht, dass die öffentliche Ausschreibung zur Sanierung des Areals in der Südtirolerstraße, auf dem heute u.a. die Handelskammer steht, zugunsten der Bietergemeinschaft, der auch Wipptaler Bau angehörte, beeinflusst wurde.
Im Strafverfahren wegen Bestechung wurden Bertoluzza und Nussbaumer-Egartner 2009 erstinstanzlich zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt, in der Berufung allerdings freigesprochen. Es stand aber weiterhin die ungeklärte Frage im Raum, ob der Beamte von der Unternehmerin ein Geldgeschenk entgegengenommen hat.
Was sich in dem Kuvert befand, das sie ihm übergab, wussten sie allein selbst. „Hier eine kleine Anzahlung für das Bozner…“, sagt Nussbaumer-Egartner bei der Übergabe zu Bertoluzza. „Eine kleine Anzahlung meinerseits, nicht?“, bekräftigt sie wiederum auf Italienisch.
Die Verteidiger der beiden Angeklagten hatten im Strafprozess stets betont, Nussbaumer-Egartner habe den Sinn des Wortes „acconto“ nicht richtig verwendet. Es hätten sich ja auch Dokumente in dem Kuvert befinden können.
Stimmt nicht, sagt nun der Zivil-Richtersenat am Oberlandesgericht Bozen unter Vorsitz von Johann Pichler (Beisitzer: Tullio Joppi und Elisabeth Roilo). Die Unternehmerin habe sehr wohl gewusst, was eine Anzahlung ist. Und – der entscheidende Satz: „Es kann nicht angezweifelt werden, dass der Briefumschlag einen Geldbetrag enthielt“, heißt es nun in der 70-seitigen Urteilsbegründung zum Wiederaufnahmeverfahren zur zivilrechtlichen Festlegung eines Schadensersatzes zugunsten der Gemeinde Bozen.
Der Kassationsgerichtshof hatte nämlich entschieden, dass im strafrechtlichen Berufungsprozess nicht die Möglichkeit geprüft worden war, ob es sich Bertoluzza nicht vielleicht der Geschenkannahme (uneigentliche Bestechung) schuldig gemacht hatte. Obwohl das Strafverfahren längst abgeschlossen war, musste die Zivilsektion des Oberlandesgerichts nun einen etwaigen Schadenersatz festlegen.
Der Gemeinde Bozen waren in der ersten Instanz 150.000 Euro zugesprochen worden. Das Oberlandesgericht verurteilte Bertoluzza nun zur Zahlung von 50.000 Euro. 35.000 Euro für den verursachten Imageschaden, 15.000 für den moralischen Schaden. Außerdem muss der inzwischen pensionierte Stadtbaumeister seinem früheren Arbeitgeber die Verfahrenskosten aus dem Zivil- und Strafverfahren bezahlen: Rund 42.000 Euro.
Die Richter des Oberlandesgerichts gehen nämlich davon aus, dass Bertoluzza seiner Gesprächspartnerin Nussbaumer-Egartner für das Geld im Kuvert auch eine Leistung geboten hat. In diese Richtung interpretieren die Richter folgende Aussage des Stadtbaumeisters: „… ich habe mir große Mühe gegeben , um euren Ausschluss zu verhindern …. das war ein harter Kampf“.
Gemeint ist ein möglicher Ausschluss der Bietergemeinschaft aus dem Wettbewerb zur Sanierung des Bauareals.
In dem Gespräch mit der Unternehmerin brüstet sich Bertoluzza auch einer politischen Intervention:
„Ich habe auch den Stellvertretenden Bürgermeister ins Spiel gezogen. Ich habe zu Pichler Rolle gesagt: Ruf Laimer an , denn dieses Projekt muss unbedingt den Zuschlag erhalten … Er hat heute angerufen: scheinbar geht alles gut…Wir geben uns große Mühe …Wenn ihr ein schönes Projekt vorlegt…mit dem Preis…entscheidet, nicht? Wichtig ist, man bleibt drinnen…“.
Mit Laimer ist der damalige Umweltlandesrat Michl Laimer gemeint, ob es die Intervention tatsächlich gab, ist allerdings fraglich.
Das nun ergangene Urteil gegen Bertoluzza (der Antrag auf Schadenersatz gegen Nussbaumer-Egartner wurde erwartungsgemäß abgewiesen) ist bisher nicht rechtskräftig. Francesco Coran, Rechtsbeistand der Gemeinde Bozen in diesem Verfahren, geht davon aus, dass es die Gegenpartei anfechten wird. Dann wäre wiederum die Kassation am Zug.
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