Lukrative Referate
Während die Regierung Renzi die Auftragsvergabe an pensionierte Beamte strikt untersagt, geht Südtirol einen Sonderweg: Schreitet das Verfassungsgericht ein?
Von Matthias Kofler
Matteo Renzi will in der kommenden Woche per Gesetzesdekret ein für alle Mal festgehalten, dass an pensionierte Beamte des öffentlichen und privaten Rechts keine bezahlten Untersuchungs- und Verwaltungsaufträge mehr vergeben werden können.
Südtirol geht in dieser Angelegenheit (wieder einmal) einen Sonderweg: Wissend um die Bemühungen der italienischen Regierung hat die Landesregierung in das Haushaltsgesetz 2016 einen Passus eingefügt, der der Autonomen Provinz einen sehr weitreichenden Spielraum einräumen soll.
Unter Artikel 9 heißt es, dass an pensionierte Landesangestellte, aber auch an Rentner aus der Privatwirtschaft sehr wohl öffentliche Aufträge erteilt werden können – vorausgesetzt, es handelt sich dabei um (wie auch immer gestaltete) „Referenztätigkeiten“.
Elena Artioli kann über die neuen Bestimmungen nur den Kopf schütteln: „Die Landesregierung macht hier einen großen Fehler – eine solche Bestimmung könnte jederzeit vom Verfassungsgericht zu Fall gebracht werden.“
Vor allem der schwammige Begriff „Referenztätigkeit“ stößt der Chefin des A-Teams sauer auf. „Da kann ein pensionierter Beamter in einem Raum mit drei Leuten zehn Referate halten – und keiner kann nachvollziehen, warum er dafür auch noch Geld bekommen soll.“
Oswald Schiefer ist da ganz anderer Meinung. Der SVP-Abgeordnete bezeichnet die Maßnahme als „positive Ergänzung“, die nicht dazu diene, den Spitzenbeamten ein weiteres Privileg zu verschaffen. Vielmehr soll sie vor allem den Frauen, die sehr früh und mit wenig Rente in den Ruhestand gegangen seien, weiterhelfen.
Der SVP-Politiker hofft, dass das Verfassungsgericht die Landesbestimmungen nicht torpedieren wird. „Wenn die Artioli weiter fest schreit und bei ihren Leuten in Rom einen Krawall macht, dann besteht die Gefahr, dass uns das Verfassungsgericht in die Quere kommt“, sagt Oswald Schiefer. „Ich hoffe das nicht.“
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