Ebners Helferin?
Für die Entwicklung des Schnalstals beschäftigt die Marketinggesellschaft Meran eine eigene Mitarbeiterin – gezahlt wird sie jedoch von der Gletscherbahn-Eigentümerin Athesia. Die Hintergründe einer seltsamen Konstruktion.
Von Anton Rainer
„Wichtig ist“, sagt Thomas Aichner, „dass die Karin nicht nur für die Gletscherbahnen arbeitet, sondern für das ganze Tal.“ Der Direktor der Marketinggesellschaft Meran (MGM) findet klare Worte für die Anschuldigungen, die eine seiner Mitarbeiterinnen betreffen, für ihn sind sie allesamt „haltlos“.
Konkret dreht sich die Tourismus-Polemik um die für die Marketinggesellschaft tätige Regionalentwicklerin Karin Tscholl.
Seit Juni 2013 betreut die ehemalige Geschäftsführerin von Meran 2000 die Abwicklung und Kommunikation von Projekten im gesamten Schnalstal. Arbeitgeber ist die MGM, ihr Gehalt zahlt die eigens für diesen Zweck gegründete Arbeitsgemeinschaft ARGE Schnalstal mit einem jährlichen Budget von 90.000 Euro. Doch von Beginn an stand das Gemeinschaftsprojekt zwischen den drei Finanzierungspartnern Tourismusverein, Gemeinde und Gletscherbahnen unter keinem besonders guten Stern. „Frau Tscholl hat von Anfang an vom Tourismusverein zu wenig Geld für ihre Projekte bekommen“, heißt es aus der Marketinggesellschaft, „und dann kam wohl auch noch Neid ins Spiel.“ So viel habe die Regionalentwicklerin in den ersten Monaten „aufderstellt“, dass man im Tourismusverein Konkurrenz spürte, meinen Insider.
Wie dem auch sei: Im Juli 2015 jedenfalls stellte man die in Südtirol beinahe einzigartige Konstruktion aufgrund „anhaltender Konflikte“ (Aichner) auf neue finanzielle Beine.
Seitdem wird das Gehalt der Schnalstaler Regionalentwicklerin nicht mehr von drei Parteien gezahlt – sondern ausschließlich von den Gletscherbahnen. Das Unternehmen ist seit Anfang 2014 eine Tochterfirma des Athesia-Konzerns.Das Ergebnis der sonderbaren Umstellung: Eine mit Steuergeldern finanzierte Marketinggesellschaft beschäftigt eine Mitarbeiterin, die auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzt.
Das sei „wettbewerbsverzerrend“, beklagen mehrere Tourismustreibende im Schnalstal: Schließlich könnte Frau Tscholl als Gehaltsempfängerin von Athesia-Direktor Michl Ebner die Interessen der Gletscherbahnen vertreten – und nicht die des gesamten Tales. Für die Freiheitlichen, die das Konstrukt zum Gegenstand einer Landtagsanfrage gemacht haben, ist die Anstellung „fragwürdig.“ „Eigentlich“, so der Abgeordnete Pius Leitner, „ hätte das Land in seiner Beantwortung Zweifel aus dem Weg räumen können.“ Stattdessen finden sich in der Antwort von Landeshauptmann Arno Kompatscher Sätze, die einfach klingen – aber weitere Fragen aufwerfen: „Frau Karin Tscholl ist bei der MGM angestellt und arbeitet auch für die Schnalstaler Gletscherbahnen.“ Lassen sich diese Tätigkeiten wirklich so scharf trennen?
Ja, findet MGM-Direktor Thomas Aichner. Er sagt: „Wir kontrollieren, dass sie nicht ausschließlich für die Gletscherbahnen arbeitet. Das ist schließlich auch in unserem Interesse.“ Außerdem habe jedes Tal und jedes Unternehmen Anrecht auf einen eigenen Regionalentwickler bzw. dasselbe Know-How, mit dem auch Tscholl arbeite. „Im Schnalstal gibt es nun mal traditionell Spannungen“, meint der Tourismus-Experte. Das zeigt sich auch an einem weiteren Detail: Laut einer Vereinbarung hätten die Lohnkosten von knapp 55.000 Euro, die Tourismusverein und Gemeinde an die Gletscherbahnen abgetreten hatten, stattdessen in Projekte für das Schnalstal fließen sollen. Doch der Großteil des Geldes, heißt es aus der MGM, sei wegen der „klammen Kassen“ des Tourismusvereins „nie bei Frau Tscholl angekommen.“
Eine Darstellung, die der Tourismusverein ausdrücklich dementiert. Überhaupt, meint Präsident Alexander Rainer, habe die Sache mit dem Geld für die Vertragsumstellung keine große Rolle gespielt: „Man kann sich ja ausrechnen, wie sich die Tourismusvereine durch die Kompatscher-Reform in Zukunft ändern werden.“ Und deswegen lässt man die Finanzierung einer vertraglich festgelegten Mitarbeiterin über ein Jahr im Voraus bleiben? „Im Schnalstal ist das immer ein bisschen besonders“, sagt Rainer – und: „Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht sagen.“ Im Juni 2016 läuft die (mittlerweile auf einen Vertragspartner reduzierte) ARGE Schnalstal übrigens aus – spätestens dann wird die Diskussion um die von Athesia finanzierte Regionalentwicklerin wieder an Fahrt gewinnen.
Gut möglich, dass die „fragwürdige Anstellung“ (O-Ton Pius Leitner) auch deshalb ins Licht der Öffentlichkeit rückte, weil das Gemeinschaftsprojekt an anderer Stelle problemlos funktioniert. Stefan Kaserbacher ist als einziger Regionalentwickler neben Karin Tscholl für das Ultental zuständig. Sein Gehalt berappen Gemeinde, Tourismusverein – und die Ultner Seilbahn-Betreiber.
Das klappe, heißt es aus der MGM, „ganz hervorragend.“
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