Prophet Zeller
Maria Elena Boschi hat das Misstrauensvotum im Parlament problemlos überstanden. Warum Südtirols Opposition gegen die mächtige Ministerin gestimmt hat.
Von Matthias Kofler
Karl Zeller hat erneut Seherqualitäten bewiesen: Im TAGESZEITUNG-Interview bezeichnete der SVP-Senator das Misstrauensvotum gegen Ministerin Maria Elena Boschi als „Wauwau der Opposition“.
Der Antrag des Movimento 5 Stelle habe, so Zeller wörtlich, „absolut nullkommanull Chancen“. Es gehe der Opposition nur darum, das Image von Maria Elena Boschi zu beschädigen.
Der SVP-Senator sollte am Ende Recht behalten: Nur 129 Abgeordnete stimmten am Freitag gegen die für die Reformen zuständige Ministerin. Die klare Mehrheit von 373 Onorevoli stärkte Maria Elena Boschi den Rücken.
Zur Erinnerung: Die von Karl Zeller als „zweitmächtigste Politikerin Italiens“ betitelte Ministerin stand wegen der umstrittenen Rettung von vier Banken im Fadenkreuz der Kritik. Die Ministerin für Verfassungsreformen ist nämlich Aktionärin bei der Banca Etruria, einer der vier Banken, die per Rettungs-Dekret vor dem Bankrott gerettet wurden. Außerdem war ihr Vater acht Monate lang Vizepräsident derselben Bank. Die Bewegung Cinque Stelle warf der Ministerin deshalb einen „Interessenskonflikt“ vor.
Die Grillini standen jedoch allein auf weiter Flur. Die Abgeordneten von Forza Italia verließen vor der Abstimmung den Sitzungssaal:
„Wir sind generell gegen Misstrauensanträge, die gegen einzelne Personen gerichtet sind“, erklärt Michaela Biancofiore im Gespräch mit der TAGESZEITUNG. Zudem habe „il presidente Berlusconi“ die Losung ausgegeben, sich an dieser Abstimmung nicht zu beteiligen.
Florian Kronbichler stimmte für den Grillini-Antrag: Er tue das aus zwei Gründen, erklärte der Abgeordnete von Sinistra Italian:
„Erstens aus der Konsequenz des Oppositionspolitikers. Wer in Opposition zur Regierung steht, kann dieser insgesamt und auch einem ihrer Mitglieder nicht das Vertrauen aussprechen. Was wär das sonst für Opposition? Zweitens: Gegen Ministerin Boschi liegt nichts Gesetzeswidriges vor. Es ist jedoch unstrittig, dass die Verstrickung ihres Vaters und Bruders in einen Bankenskandal Zweifel an der Unbefangenheit und Handlungsfähigkeit der Ministerin aufkommen lässt.“
Aus ähnlichen Gründen seien in den letzten beiden Jahren bereits mehrere Mitglieder der Regierung entweder selbst zurückgetreten oder vom Regierungschef zum Rücktritt aufgefordert worden, erinnerte Kronbichler und verwies dabei auf die Ministerinnen Cancellieri, Idem, De Girolamo und den Minister Lupi. Sie alle hätten sich nicht persönlich schuldig gemacht, aber es gebe familiäre Verstrickungen, und sie hätten deshalb gehen müssen.
„Für alle Menschen hat bis zu einer gerichtlichen Verurteilung die persönliche Unschuldsvermutung zu gelten“, sagte der Grüne.
„Für Politikerinnen und Politiker gilt zusätzlich das altrömische Prinzip: Cäsars Frau hat nicht nur tugendhaft zu sein, sie muss auch tugendhaft erscheinen.“ Zeitnäher ausgedrückt: Sie müssetn glaubwürdig und über Zweifel erhaben sein. Das sei Ministerin Boschi unter den herrschenden Umständen nicht.
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