Crash im Dienst
Zwei Polizisten bauen während eines Einsatzes beim Bozner Busbahnhof einen Unfall – ohne Blaulicht. Die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof verlangt nun von ihnen die Begleichung des Schadens am Dienstauto.
Von Thomas Vikoler
Man kennt das hauptsächlich aus Filmen: Polizisten, die angesichts eines dringenden Einsatzes Verkehrsregeln brechen. Im Film bekommen sie dafür garantiert keine Verkehrsstrafe, im wirklichen Leben hingegen schon.
Die Bozner Stadtpolizei, die zu dem Unfall am 19. Februar 2012 in der Perathonerstraße gerufen wurde, stellte später ein Strafmandat wegen Überfahrens der durchgehenden Mittellinie aus.
Das Regierungskommissariat hat es inzwischen allerdings annulliert.
Weiterhin offen ist hingegen die Frage, welche finanziellen Konsequenzen der Unfall für die beiden Polizisten der Bozner Quästur haben wird, die im Streifenwagen saßen.
Die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof verlangt von ihnen in einem Verfahren die Zahlung von gemeinsam 5.333 Euro – der Schaden am Streifenwagen.
Dass dieser den Zusammenprall mit einem entgegenkommenden PKW verursacht hat, steht außer Zweifel. Aber es gab ja auch einen Grund dafür, dass das Dienstfahrzeug plötzlich auf die Gegenfahrbahn zu lenken. Nämlich: Vier mutmaßliche Drogenhändler am Eingang des Admiral-Spielsalons am Busbahnhof.
Weil diese sich angeschickt hätten zu flüchten, sei ein dringendes Wendemanöver erforderlich gewesen, rechtfertigten sich die beiden Polizisten. Um die vier Verdächtigen nicht aufzuschrecken, hätten sie darauf verzichtet, Blaulicht und Sirene einzuschalten.
Das nicht eingeschaltete Blaulicht – ein nicht unerhebliches Detail in diesem Schadensersatzverfahren.
Die Gesetzeslage: Artikel 177 der Straßenverkehrsordnung erlaubt es Ordnungshütern und Zivilschützerin im Notfall Verkehrsregeln auch zu brechen. Allerdings ausschließlich eingeschaltetem Blaulicht und Sirene. Die beiden Polizisten aus der Perathonerstraße hatten allerdings darauf verzichtet.
Und dann gibt es noch eine ministerielle Dienstanweisung aus dem fernen Jahr 1994, mit dem der Verzicht auf den Einsatz von Blaulicht und Sirene bei Bank- und Raubüberfällen erlaubt wurde. Um die Täter nicht zu verschrecken. Doch beim Einsatz am 19. Februar 2012 ging es nicht um Raub, sondern um ein hypothetisches Drogendelikt.
Es sieht also nicht gut aus für die beiden Polizisten, die für den Crash mündlich gerügt wurden (also kein Disziplinarverfahren). Der Polizist, der an jenem Tag den Dienstwagen lenkte, hat inzwischen seinen Anteil an der Schadenssumme beglichen, wie sein Anwalt bei der Verhandlung am Rechnungshof mitteilte. Das Verfahren wird eingestellt.
Anders die Position von S.E., dem Beifahrer. Seine Anwälte Matteo Bruccoleri und Carlo Bertacchi bestreiten die Höhe der Schadensersatzforderung der Staatsanwaltschaft. Erstens weil ihr Mandant an jenem Tag nicht selbst gefahren sei, zweitens wegen mangelnder Ausbildung.
Dieses Argument lieferte den Verteidigern gestern der anklagende Staatsanwalt, der von einer „nicht angemessenen Unterweisung“ der beiden Streifenpolizisten seitens der Bozner Quästur sprach.
Ob dies von den Rechnungshofrichterin als strafmildernd gewertet wird, wird sich in einigen Monaten zeigen, wenn das Urteil zu dieser Causa veröffentlicht wird.
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