„Müssen Wunder wirken“
Manfred Brandstätter, Primar des Landesnotfalldienstes, über die fehlenden Notärzte in Innichen, über den Ärztemangel und die drohenden Folgen für Südtirol.
TAGESZEITUNG Online: Herr Brandstätter, was passiert, wenn in Innichen tatsächlich kein Notarzt vor Ort ist?
Manfred Brandstätter: Wir setzen alles daran, das in Ordnung zu bringen. Derzeit sind wir dabei, Notärzte zu organisieren, damit an den Weihnachtstagen und zu Silvester jemand da ist.
Was ist der Grund dafür, dass man sich hier so schwer tut, Ärzte zu finden?
Uns fehlen schlicht und ergreifend die Leute, um immer alle Dienste abdecken zu können. Wir haben Schwierigkeiten, die Ärzte zu rekrutieren. In ganz Europa spitzt sich die Situation zu: Die Fachärzte bleiben aus. Das ist ein Problem, dessen Folgen wir noch nicht abschätzen können. Der Notarzt ist ein Dienst, der auf freiwilliger Basis abgedeckt wird.
Wie funktioniert das im Normalfall?
Zum normalen Dienst im Krankenhaus kommt dieser Dienst auf freiberuflicher und damit freiwilliger Basis hinzu. Nur in Bozen haben wir einen Stellenplan für die Notärzte, aber auch der ist viel zu klein. Ein Notarzt bekommt für einen solchen Nachtdienst 500 Euro, das klingt nach viel.
Er muss sich aber erst selbst versichern und nach Steuerabzügen bleiben vielleicht 200 Euro. Junge Ärzte haben oft Familie, und gerade an Tagen wie Weihnachten möchten sie gern zu Hause bei der Familie sein. Das verstehe ich. Jeder muss Prioritäten setzen.
Es geht nicht immer nur ums Geld. Wir dürfen nicht vergessen, wie wichtig es auch für Ärzte ist, dass das Familienleben nicht zu kurz kommt und das Umfeld stimmt, ansonsten passt irgendwann auch die Leistung nicht mehr.
Warum hat das in den vergangenen Jahren wunderbar funktioniert und jetzt plötzlich nicht mehr?
Bisher haben wir oft Wunder wirken müssen. Aber der Ärztemangel macht die Situation immer schwieriger. Beispiel Innichen: Dort sollte über die Chirurgie der Notarztdienst abgedeckt werden, das ist per Landesbeschluss so festgeschrieben. Aber schon in der Chirurgie sind eineinhalb bis zwei Stellen vakant. Bei einem kleinen Krankenhaus wie Innichen, das einen begrenzten Stellenplan hat, fällt so etwas schnell ins Gewicht.
Das macht sich zuallererst bei den Notarztdiensten bemerkbar…
Der Notarzt ist an und für sich keine planbare Tätigkeit. In Innichen macht der Notarzt für gewöhnlich wenige Einsätze. Es kann sein, dass er in einer Nacht gar nicht gerufen wird. In einer anderen Nacht wiederum wird er zwei oder drei Mal gebraucht.
Grundsätzlich gilt: Wir können nicht immer alles abdecken, selbst wenn die Stellen vorbildlich besetzt wären. Schließlich haben wir keinen Einfluss darauf, wie oft wann und wo etwas passiert.
Interview: Silke Hinterwaldner
LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE:
- Wie der Notfalldienst auf Landesebene in Zukunft abgedeckt wird.
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