„Lieber Messner …“
Der Ex-Klimahaus-Chef und nunmehrige Präsident der Stiftung ClimAbita, Norbert Lantschner, watscht in einem Offenen Brief den Flughafen-Befürworter Reinhold Messner ab. Ein lesenswerter Gastkommentar.
Lieber Messner,
Starker Tobak dein Interview in der Südtiroler Tageszeitung. Nicht gerade zimperlich wie Du Andersdenkende mit Steinlawinen niederwalzt. Für mich ist das Thema viel komplexer als es mit der Brechstange zu behandeln. Deine Haltung offenbart die weitreichenden Wurzeln unserer tiefkranken Gesellschaft, die den grenzenlosen Konsum zur Religion erhoben hat. Da ist es naheliegend, dass wir die Natur nur mehr als Warenlager und als Freizeitkulisse sehen. Auch der Mensch ist in dieser Ellbogengesellschaft nur mehr eine Ressource. „Diese Wirtschaft tötet“ mahnte Papst Franziskus, aber seine Worte werden aufgesaugt vom unersättlichen Hunger nach mehr und noch mehr. Wen wundert’s, dass auch der 21. Klimagipfel in Paris nur eine heiße Luftblase blieb. Der Motor dieser zerstörerischen Wirtschaft frisst unsägliche Mengen von Öl, Kohle und Gas, die möglichst zu billigsten Preisen verfügbar sein sollen. Die Fluggesellschaften haben 2014 weltweit 3,2 Milliarden Passagiere transportiert – das waren fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Wir wollen Klimaschutz, aber wir wollen auch mehr fliegen, mehr Autos und mehr Touristen. Man kann nicht eine unversehrte Torte haben und sie gleichzeitig essen. Ist es so schwer zu begreifen, dass grenzenloses Wachstum auf einem begrenzten Planeten unweigerlich in den Abgrund führen muss?
In unser winzig kleines Land reisen jedes Jahr Abermillionen von Touristen, müssen wir jetzt auch noch mit einem eigenen Flughafen – wie du sagst, Herr Messner – reiche Araber, Chinesen und Amerikaner ins Land holen? Müssen wir ständig an der Schraube drehen: noch mehr Hotelbetten, noch größere Straßen, noch mehr Skipisten usw.? Dies verlangt dann nach weiteren energiefressenden Einrichtungen, denn die Gäste brauchen rundum trallala. Die Fratze dieses Wirtschaftens zeigt sich heute als unersättliche Profitgier, als übersteigertes Ego, als blinde Zerstörungswut, die sich gegen uns selbst und gegen alles Leben auf der Erde richtet.
Lieber Messner, diese neoliberale Geldgier frisst uns alle auf, deine gewünschten Flieger mögen in dieses Konzept passen, weil sie neue Gäste für deine Museen bringen – aber sie dient nicht dem Leben, allem Leben auf dieser Erde. Und wir haben nur eine Erde.
Norbert Lantschner, Präsident der Stiftung ClimAbita
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