„Keine Geldverschwendung“
Paul Köllensperger äußert sich zum neuen Informatik-System des Sanitätsbetriebs: „Die Lösung wär so nahe – und kostenlos verfügbar.“
In einem Punkt sind sich die Landesregierung und Paul Köllensperger einig: Es muss dringend ein landesweites modernes und effizientes Gesundheits-Informatiksystem her – daran bestehen keine Zweifel.
Was sollte aber ein Öffentlicher Verwalter tun, der eine angemessene Lösung für den Südtiroler Sanitätsbetrieb sucht? „Es wäre naheliegend, einmal bei den benachbarten Regionen mit ähnlichen Dimensionen und Bedürfnissen nachzusehen“, empfiehlt Köllenspergr. „Und siehe da: In Trient haben sie ein Sanitäts-Informationssystem das zu den besten in Italien zählt – und welch Glück – es steht kostenlos zur Verfügung.“
Der Grillino schreibt in einer Aussendung:
„Was tun also unsere Verwalter? Die Gelegenheit beim Schopf packen?
Falsch geraten! Sie zwacken 77 Mio. Euro aus dem Landeshaushalt ab und geben diese Unsumme einer Gesellschaft namens SAIM GmbH, die in 11 Jahren Zusammenarbeit mit dem Sanitätsbetrieb sich gelinde gesagt nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, um das zu erstellen bzw. zu kaufen, was unsere Trentiner Nachbarn uns schenken würden.
Verrückt? Kurzsichtig? Oder noch schlimmer? Man weiß es nicht, und genau deshalb wird die 5SB mit einem Beschlussantrag dieses Thema auf die Tagesordnung der nächsten Landtags Sitzung im Jänner setzen.“
Paul Köllensperger macht ein paar Schritte zurück in die Vergangenheit, an den Anfang der unendlichen Informatik- Geschichte des Südtiroler Gesundheitswesens.
Hier der Rückblick:
Die Saim GmbH ist ein gewinnorientiertes Unternehmen, das 2004 mit dem PPP Modell (Public Private Partnership) gegründet worden ist, mit dem erklärten Ziel, das Südtiroler Gesundheitswesen zu informatisieren. Heute, 11 Jahre und viele Millionen später, gibt es nur einen Begriff um den Zustand der Informatik im Gesundheitsbetrieb und die Vernetzung der Strukturen und der Ärzte zu beschreiben: eine Katastrophe.
Die Gesellschafter der SAIM sind der Sanitätsbetrieb selbst (51%) und private Unternehmen (Insiel Mercato AG, ein privates Unternehmen das auf Softwarelösungen im Health – Bereich spezialisiert ist und welches vor ein paar Jahren die Anteile des vorherigen Gesellschafters, Medarchiver GmbH, übernommen hat, zu einem Preis über den strengsten Stillschweigen vereinbart worden ist, und welches letzthin eine gewisse Bekanntheit erreicht hat wegen der lauten Kritik an ihrer gleichnamigen Software). Der Geiste des PPP sollte jener einer Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit dem Privaten Partner sein, wobei der öffentliche Teilhaber die Ziele im Sinne des allgemeinen Interesses vorgibt und der private Teilhaber die geeigneten Lösungen erstellt, und dies in einem wirtschaftlichen Rahmen, der dadurch gegeben sein sollte, dass der Private ja selbst Teil der Gesellschaft ist. In der Realität sieht es – zumindest im restlichen Italien – aber ganz anders aus. Die PPP Projekte sind in der Regel die klassische Cash Cow, ein bei den Privaten Teilhabern beliebter Bankomat, bei dem der öffentliche Partner nicht auf die Wirtschaftlichkeit des gemeinsamen Unternehmen schaut, sondern dafür sorgt, dass genug öffentliches Geld fließt, und der private Gesellschafter sich die Hände reibt, weil er ohne lästige Ausschreibungen mit ihren Preisabschlägen direkt und schnell die Aufträge abwickeln kann.
Der Masterplan, der soeben vom Gesundheits -Assessorat veröffentlicht worden ist, beschreibt das neue IT System, welches der Sanitätsbetrieb benötigt, und es ist praktisch eine Fotokopie der Slides die das Trentiner Pendant beschreiben. Dort haben schon seit Jahren die Anwender, seien es Ärzte, Mitarbeiter oder Bürger, über einen PC Zugang zu den Informationen des Sanitätsbetriebes: elektronische Gesundheitsakte, online Vormerkung über eine Zentrale Vormerkstelle, Ticket Bezahlung, Zugang der Patienten zur Krankenakte über das sog. TreC – System („Cartella Clinica del Citttadino“) via Internet mit einer starken Authentifizierung, wo dieser alle seine Daten vorfindet (Visiten, Befunde, Rezepte, persönlicher Gesundheitskalender, online Vormerkungen), direkter Zugang der Basisärzte und der Pädiater zu den Gesundheitsakten der Patienten über standardisierte Schnittstellen zwischen den lokal installierten Softwareprogrammen der Ärzte und dem zentralen System (Ampere), digitales Rezept für die Apotheken, eine detaillierte Verwaltung der Privacy und Dateneinsicht wo exakt definiert werden kann, wer was und wann sehen darf.
Es ist die Pflicht des Südtiroler Sanitätsbetriebes und des Gesundheits – Assessorats, das kostenlos zur Wiederverwendung zur Verfügung stehende System des Trentino gründlich zu analysieren, bevor auch nur ein Euro für den Ankauf neuer Software Lösungen ausgegeben wird. Diese würden wohl aus dem SAIM Umfeld kommen– von deren Gesellschafter Insiel Mercato AG – welcher wohlgemerkt ein Unternehmen mit fundiertem KnowHow in E-Health ist – aber klarerweise als Privatbetrieb auf den Profit ausgerichtet. Bis heute gibt es mit dem Trentiner Gesundheitsbetrieb nur ein Abkommen zur Weiterverwendung für den TreC genannten Teil, wobei noch unklar ist, ob dieser auch implementiert werden wird. Man könnte aber weitere Bereiche, ja sogar das gesamte Trentiner IT-Paket übernehmen. Es sind Software-Lösungen im Besitz der öffentlichen Hand, mit Ausnahme des Teil der die Zentrale Vormerkstelle (CUPP) betrifft, der ausgeschrieben worden war und von einem Unternehmen aus Trento gewonnen und als Service zusammen mit über 70 Bediensteten des Call Centers geliefert wird. Auch Südtirol sollte diesen Teil ausschrieben. Und zwar über einen echte, europaweite Ausschreibung, ohne die SAIM dafür zu verwenden, das gerade verabschiedete Vergabegesetz zu umgehen und Millionen für den Ankauf neuer Software direkt deren privaten Gesellschaftern zukommen zu lassen!
Die 5SB fordert mit Nachdruck, dass die Entscheidung, 77 Mio. Euro der SAIM zu geben aufgehoben wird, bis das im Trentino im Einsatz befindliche IT System („SIO“) gründlich analysiert worden ist, mit Hilfe einer Arbeitsgruppe von neutralen Experten, ohne Beteiligung der SAIM und seiner Gesellschafter noch anderer aktueller oder vergangener Software Lieferanten des Sanitätsbetriebes oder deren Berater oder Angestellten.
Außerdem fordert Köllensperger, dass kein Geld für den Ankauf von kommerziellen Software Lizenzen für das Sanitäts – Informatiksystem verwendet wird, ohne davor detailliert und glaubwürdig dargelegt zu haben, wieso man das kostenlose Trentiner System nicht auch bei uns implementieren kann.
„Und auch in diesem Fall halten wir es für unumgänglich, dass der Sanitätsbetrieb und die Öffentliche Hand aus der SAIM aussteigen, und das neue IT System über eine europaweite Ausschreibung suchen. Jede andere Entscheidung wäre eine Verschwendung öffentlicher Geldes und die 5SB wird die zuständigen Stellen damit befassen um Rechenschaft für alle jene getroffenen Entscheidungen zu erhalten, die ohne die nötige Transparenz und ohne eine objektive Begründung getroffen worden sind.“
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