Grapscher im Spital
Ein Ergebnis der MitarbeiterInnen-Befragung des Südtiroler Sanitätsbetriebes sorgt für Aufsehen: Jede dritte Beschäftigte wurde bei der Arbeit schon einmal sexuell belästigt. Die Hintergründe.
von Artur Oberhofer
Clara Astner, die Präsidentin des „Garantiekomitees für Chancengleichheit, die Aufwertung des Wohlbefindens der Bediensteten und gegen die Diskriminierungen“ des Südtiroler Sanitätsbetriebes, gibt sich überraschend zugeknöpft: „Man sollte in Zeiten wie diesen kein Öl ins Feuer gießen.“
Die Ergebnisse der Umfrage, so Clara Astner gegenüber der TAGESZEITUNG, „stellen kein Ergebnis dar, das eine Schlagzeile hergibt.“
Anderer Meinung ist Martha Stocker. „Dieses Umfrageergebnis“, so die Gesundheitslandesrätin, „macht mich schon nachdenklich.“
Auch Martha Stocker sagt, dass die großangelegte Mitarbeiterumfrage im Südtiroler Sanitätsbetrieb viele positive Ergebnisse erbracht habe (die TAGESZEITUNG berichtete). Aber den Aspekt „Sexuelle Belästigung“ will die Landesrätin vertiefen. „Ich will mir diese Daten näher anschauen“, kündigte Martha Stocker an.
An der Mitarbeiterbefragung haben sich über 40 Prozent der 8.764 via E-Mail angeschriebenen Personen beteiligt. In der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch, an der auch Generaldirektor Thomas Schael teilnahm, wurd, klarerweise, der Focus auf die positiven Ergebnisse gerichtet.
Der Umstand, dass – Zitat aus der Pressemitteilung – „über ein Drittel der Frauen bei der Arbeit schon einem sexuell belästigt wurden“, wurde nur nebensächlich abgehandelt, mit zwei Zeilen in der Pressemitteilung.
Zwar sagt Clara Astner, die Präsidentin des Garantiekomitees, dass „die Daten in Bezug auf die sexuelle Belästigung im internationalen Schnitt“ lägen und „nicht alarmierend“ seien. Clara Astner wollte aber nicht auf die Details der Umfrage eingehen, sondern verwies diesbezüglich auf das Institut apollis, das die Umfrage materiell durchführte.
Martha Stocker will die Umfrageergebnisse nicht in einer Schublade verstauben lassen. „Selbst wenn die Daten im internationalen Schnitt liegen sollten, werden sie damit auch nicht besser.“ Wenn ein Drittel der im Sanitätsbetrieb beschäftigten Frauen (bzw. ein Drittel der Befragten) angibt, schon einmal sexuell belästigt worden zu sein, dann sei dies eine – so Stocker – „subjektive Wahrnehmung, die man ernst nehmen“ müsse, unabhängig davon, ob es einen objektiven Tatbestand gebe, so die Landesrätin.
Gerade deshalb will die Landesrätin die Thematik vertiefen.
Es ist denn auch verwunderlich, warum der Sanitätsbetrieb diese (beklemmenden) Ergebnisse nicht von sich aus aufgeschlüsselt und interpretiert hat. Denn so bleibt das Szenenbild eines Betriebes, in dem die Frauen permanent verschiedenen Formen von sexueller Belästigung ausgesetzt sind, wobei nicht spezifiziert wird, um welche Formen von sexueller Belästigung es geht.
LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE AM SAMSTAG:
- Zu welchen Stufen von sexueller Belästigung die MitarbeiterInnen befragt wurden;
- Und: Wie hoch derProzentsatz bei den schwerwiegenden Fällen von sexueller Belästigung ist.
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