Rentner im Dienst
Blinder Passagier im Haushaltsgesetz: Die Landesregierung will das rigorose Auftragsverbot für pensionierte Beamte wieder aufweichen.
Von Matthias Kofler
Elena Artioli ist mit der Vorgehensweise von Arno Kompatscher überhaupt nicht einverstanden: „Ich habe diesen Artikel jetzt schon vier Mal streichen lassen, aber der Landeshauptmann fügt in immer wieder in den Gesetzestext hinein“, ärgert sich die Chefin des A-Teams.
Die Dritte Gesetzgebungskommission im Landtag hat am Montag mit der Behandlung des Haushaltsgesetzes für 2016 begonnen. Der Haushalt wird im kommenden Jahr insgesamt 5,4 Milliarden Euro schwer sein.
„Es ist gelungen, einen Haushalt zu erstellen, mit dem wir allen, auch sehr ehrgeizigen Anforderungen gerecht werden und alle vorgesehenen und nötigen Dienste und Investitionen gewährleisten können“, freut sich LH Kompatscher. Und dies, obwohl die Landesregierung die Steuerentlastungen weiter ausgebaut habe.
Von der Opposition gab es gestern dennoch keine Vorschusslorbeeren. Hans Heiss, Paul Köllensperger und Co. kritisierten, dass der Haushalt als Omnibus-Gesetz fungiere, in den zahlreiche Artikel verpackt wurden, die mit den Finanzen nur am Rande zu tun hätten. In der Tat umfasst das Stabilitätsgesetz alle möglichen Bereiche: die Landwirtschaft, die Bildung – und auch das Landespersonal.
So hat sich unter Artikel 9 eine Änderung des Personalgesetzes eingeschlichen, mit der Elena Artioli keine Freude hat. Es geht dabei um das Auftragsverbot für pensionierte Beamte. Der Wille des Landeshauptmanns ist es, das rigorose Verbot aufzuweichen.
Der Hintergrund: Die Landesregierung fährt, was die Pensionierung der Beamten betrifft, seit einem Jahr einen regelrechten Zickzackkurs. Im Dezember 2014 hatte Elena Artioli mittels Beschlussantrag die Landesregierung zur Umsetzung des staatlichen Madia-Dekretes verpflichtet.
Das Gesetzesdekret, das seit anderthalb Jahren in Kraft ist, sieht eine Art „Berufsverbot“ für pensionierte Beamte vor: Der Staat, so heißt es im Text, „darf keine Untersuchungs- oder Berateraufträge an Bedienstete vergeben, die bereits in Ruhestand getreten sind“.
Im laufenden Haushaltsgesetz für 2015 wurde das Verbot der Ämter und Ämterhäufung schließlich auch auf Landesebene neu geregelt. Seitdem ist es nicht mehr zulässig, den in den Ruhestand versetzten Bediensteten des privaten und öffentlichen Rechtes bezahlte Aufträge zu erteilen.
Außerdem ist es untersagt, diesen Personen Führungsaufträge oder Mandate in den höchsten Verwaltungsgremien des Landes und der von diesen kontrollieren Körperschaften und Gesellschaften zu übertragen. „Somit wird den staatlichen Bestimmungen Rechnung getragen“, erklärte Landesrätin Waltraud Deeg vor einem Jahr.
Nun macht die Landesregierung einen Rückzieher: „Zulässig ist es“, so heißt es unter Artikel 9 des Haushaltsgesetzes, „Personal im Ruhestand mit Referententätigkeiten zu beauftragen.“ Elena Artioli schüttelt den Kopf: „Das ist doch paradox. Die alten Herren kleben an ihren Stühlen fest – und die Jugend findet keinen Job.“
LH Kompatscher erklärte der A-Team-Politikerin am Montag im Landtag, dass diese Ausnahmeregelung den staatlichen Bestimmungen nicht widerspreche. Artioli kündigte ihrerseits an, die Sachlage eingehend zu studieren und im Landtag einen Abänderungsantrag zum Artikel einzureichen.
Es wäre dann Artiolis (gefühlt) fünfter Anlauf, das Auftragsverbot für pensionierte Beamte in Südtirol gänzlich durchzusetzen.
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