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Radio statt Helm

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Jahrelang finanzierte das Land vergünstigte Fahrradhelme für Grundschüler. Mit Beginn des aktuellen Schuljahres wurden diese Förderungen gestrichen – und in Radio-Spots gesteckt.

Von Anton Rainer

Es war eine der wenigen handfesten Maßnahmen in einem Dschungel aus Sensibilisierungskampagnen: Ein „konkreter Beitrag“, eine „bewährte Aktion“, ja sogar eine „Lebensversicherung für Radfahrerinnen und Radfahrer.“

So euphorisch zeigten sich zumindest die Schulamtsleiter Peter Höllrigl und Nicoletta Minnei, als sie noch 2013 stolz die Verteilung von 2.865 Fahrradhelmen an Grundschulkinder ankündigten.

Bereits zum sechsten Mal hatte das Land Gelder für eine bemerkenswerte Förderung aufgetrieben: Mit Mitteln aus Rom und Bozen finanzierten die zuständigen Ämter billige Fahrradhelme für mehr als die Hälfte der in Südtirol lebenden Drittklässler. Das Ziel war klar: Was Kampagnen wie „SOS Zebra“ oder „no credit“ für die Sensibilisierung im Straßenverkehr ausrichteten, sollte die „Aktion Fahrradhelm“ in konkreter Früherziehung leisten.

Oder, um es mit Schulamtsleiter Höllrigl zu sagen: „Kinder, die bereits in frühen Jahren an das Tragen eines Helmes gewöhnt sind, werden ihn auch weiterhin tragen.“

Im Schuljahr 2015/2016 wird diese Aktion für die dritten Grundschulklassen nun nicht mehr durchgeführt. Angeblich, so das Ergebnis einer Landtagsanfrage der Bürgerunion, „aufgrund mangelnder Ressourcen.“ Zwischen 15.000 und 20.000 Euro kostete die erfolgreiche Aktion in den vergangenen Jahren, ein im Vergleich zu anderen Informationskampagnen des Landes relativ geringer Preis. So investiert die Landesregierung auch in diesem Jahr rund 80.000 Euro in die nicht unumstrittene Motorrad-Kampagne „no credit“, rund 40.000 Euro genehmigte das Land für die Sensibilisierungskampagne „SOS Zebra“.

Doch damit nicht genug: Seit dem Schuljahr 2015/16 gesellt sich eine weitere Aktion zu den bekannten. Ende Oktober präsentierte Schullandesrat Philipp Achammer die gemeinsam mit dem Mobilitäts-Ressort finanzierte Kampagne „Sicherheit am Schulweg.“ Rund 11.500 Euro steckten die an der Co-Finanzierung beteiligten Landesressorts in den Ankauf greller Kinder-Warnwesten – und, in erster Linie, in die Produktion mehrerer Werbespots für die Athesia-nahen Radiosender Südtirol 1 und Radio Tirol.

Was die beteiligten Landesräte in ihrer Begeisterung nicht erwähnten: Die neu eingeführte Aktion ging auf Kosten der bis dahin „bewährten Kampagne“ für erschwingliche Fahrradhelme.

So heißt es vonseiten des Mobilitäts-Ressorts ausdrücklich: „Wir wollten das in diesem Jahr nicht mehr finanzieren, weil wir im Gegenzug etwas anderes mit dem deutschen Schulamt ausgemacht haben. Wir kaufen statt Helmen Leuchtwesten.“ Und eben Spots für Radiosender. Nur auf die in der Landtagsanfrage erwähnten Finanzierungsprobleme will man sich nun nicht mehr festlegen lassen. So erklärt eine Mitarbeiterin von Ressortdirektor Valentino Pagani: „Mit den Kosten hat das nur wenig zu tun, wir wollten einfach etwas Rotation in unsere Aktionen bringen. Wenn man jahrelang das Gleiche anbietet, verlieren die Leute das Interesse.“

Auch wenn sich diese Behauptung kaum an den Zahlen der teilnehmenden Schüler festmachen lässt, zeigt zumindest die Vergangenheit, dass die Finanzierung der Aktion Fahrradhelm regelmäßig für Komplikationen sorgte. Deckte man die Zahlungen anfangs noch komplett mit Geldern aus Rom, mussten Eltern bald darauf die Hälfte der Helmkosten aufbringen. Mal sah das italienische Schulamt keinen Sinn in der Fortführung des Projekts, mal bockte das Mobilitäts-Ressort bei der Finanzierung.

Doch allen bürokratischen Hürden zum Trotz: In den Schulen wird die Abschaffung der beliebten Helm-Kampagne bedauert – und auch im Land arbeitet man erneut an deren Wieder-Einführung. „Wir sind von der Sinnhaftigkeit der Aktion überzeugt“, heißt es in der Beantwortung der Landtagsanfrage, „und werden uns unter Berücksichtigung der finanziellen Ressourcen bemühen, die Aktion fortzuführen.“

Spätestens dann, wenn die Gelder aus der zweiwöchigen Sensibilisierungskampagne wieder freigeworden sind.

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