„In der Zwickmühle“
Eine Geschenksaktion, von der sich vergangenes Jahr viele kirchliche Institutionen distanziert haben. Dass diese Aktion auch heuer noch von Südtiroler Schulen unterstützt wird, sorgt bei Eltern für Missmut.
von Erna Egger
Es ist eine Geschenksaktion, die zu Weihnachten Kindern in Not eine Freude bereiten soll. Von zahlreichen Schulen in Südtirol erfährt sie Unterstützung.
Viele Volksschüler sind vor rund zwei Wochen mit dem Prospekt nach Hause gekommen, das von einer Lehrperson verteilt wurde. Seitdem machen viele dieser Kinder Druck: Ihre Eltern sollen bis zu vier Schuhkartone mit Geschenks-Artikeln füllen und diese dann an den vorgesehenen Sammelstellen abgeben.
Unter manchen Schülern ist ein Konkurrenzkampf entfacht: Die meisten wollen vier Kartone gefüllt haben – ist die Sammlung ja für einen guten Zweck. Die Päckchen werden vorwiegend in Bulgarien, Polen, der Republik Moldau oder der Slowakei verteilt.
Eltern haben Bauchweh: Es handelt sich um „Weihnachten im Schuhkarton“. Diese Geschenks- und Missionsaktion war im vergangenen Jahr einiger Kritik ausgesetzt, weil es sich um eine evangelische Missionsaktion ohne nachhaltige Hilfe handelt. Trotzdem wird die Weihnachts-Initiative auch heuer in einigen Südtirolern Schulen propagiert.
Der Verein „Geschenke der Hoff- nung e.V“ aus Berlin, der die Aktion seit Jahren durchführt, bietet Lehrmaterial für Schulklassen, sowie Entwürfe für Stunden mit Kinder- und Jugendgruppen zum Thema „Weihnachten im Schuhkarton“ an. Für die konkrete Umsetzung gibt der Verein auf seiner Homepage sowie in verteilten Prospekten Tipps und Ideen für das richtige Bepacken der Kartons. Spielsachen, Hygieneartikel, Schulsachen, neue Bekleidung und Süßigkeiten werden genannt. Die Kartons sollen mit Etiketten versehen werden, die grob anzeigen,
für welches Alter und Geschlecht der Inhalt gedacht ist. Es wird auch darum gebeten, einen Betrag von sechs Euro für die Abwicklung und den Transport pro Päckchen zu geben. Die Kartons sind bis 15. November an den Sammelstellen abzugeben.
Im Flyer ist auch ein Zahlungsschein beigelegt – für weitere Geldspenden. In Deutschland und Österreich haben viele kirchliche Organisationen große Skepsis geäußert.
Auch die Diözese Bozen-Brixen hat sich klar davon distanziert. Gerade deshalb herrscht auch bei Eltern keine Freude vor. Gar einige wollen sich aus verschiedenen Gründen nicht beteiligen. „Durch die Schule werde ich nun jedoch in eine Zwickmühle manövriert. Wie soll ich meinem Kind erklären, dass ich mich daran nicht beteiligen will?“, ärgern sich Betroffene.
Stephan Tschigg, Abteilungsdirektor im Deutschen Schulamt, reagiert perplex: „Es ist schwierig, dazu etwas zu sagen. Schulen sind autonom und sie tun das, was sie für richtig halten. Solche Aktionen sollen mit der Schule verankert sein und in der Schule thematisiert werden.“
Schullandesrat Philipp Achammer hat sich Informationen eingeholt: „Die Aktion wird von einigen Religionslehrern unterstützt und durchgeführt. Heuer beteiligen sich im Vergleich zu anderen Jahren weit weniger Schulen an dieser Aktion.“
Seine Position: „Ich weiß, dass es Bedenken seitens der Diözese gegeben hat, weil die Hilfe zu einmalig sei. Es hat letztes Jahr auch eine Aussprache zwischen Organisatoren und Diözese gegeben. Es ist jedoch schwierig zu sagen, dass die Aktion problematisch ist, weil es sich um eine Hilfsaktion handelt. Die Schulen haben ihre Autonomie und sie werten über die Durchführung. Wenn die Eltern ein Problem damit haben, so kann ich nur animieren, diese Bedenken in der Schule zu äußern und mit den Lehrern zu besprechen“, rät er.
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