Endlich gefördert
Paare, die Wohnbauförderung beantragen, mussten bis jetzt aus Mann und Frau bestehen. Nun will das Land eine jahrzehntelange Diskriminierung von Homosexuellen ein für alle mal abschaffen.
Von Anton Rainer
Vermutlich war es ein Fehler gewesen. Als Luigi Cigolla, frisch wiedergewählter Landesrat für Italienische Kultur und Wohnbau, im Juli 1999 vor den Durchführungsbestimmungen seines neuen Förderungsgesetzes saß, machte ihn eine Sache trotzdem stutzig.
Da hatte man jetzt einen 150 Artikel schweren Gesetzestext zur Wohnbauförderung, der ständig von „eheähnlichen Beziehungen“ sprach – aber niemanden, der solche Paare exakt definieren konnte. Ein Gesetz mit offener Flanke.
Cigolla besserte nach und bemühte sich sichtlich, den schwierigen Spagat zwischen konservativen Werten und den Realitäten einer sich verändernden Welt zu schaffen. Wie formuliert jemand, der unverheiratete Paare ein- aber homosexuelle Paare ausdrücklich ausschließen will? Die Antwort findet sich in Dekret 42, verabschiedet am 15. Juli 1999.
Es kommt selten vor, dass institutionelle Diskriminierung derart deutlich formuliert wird:
Für die Rechtswirkung des Gesetzes gelten als in einer eheähnlichen Beziehung lebend:
- zwei Personen, die in einer gemeinsamen Wohnung wohnen und gemeinsame Kinder haben
- zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die seit mindestens zwei Jahren in einer gemeinsamen Wohnung wohnen
- zwei Personen, die gemeinsame Kinder haben und erklären, die Wohnung […] gemeinsam bewohnen zu wollen.
Das Ergebnis einer ausgefuchsten Rechtsordnung:
Eine mehr als 15 Jahre andauernde Diskriminierung von Homosexuellen, die bis heute nicht als Paar sondern nur als Einzelpersonen um Wohnbauförderungen ansuchen dürfen. Ein mehr als nur symbolischer Unterschied: Eheähnliche Paare nach Definition des Gesetzes haben in den Ranglisten des Landes Priorität und können in der Regel auf höhere Förderungen zählen.
„Ich musste das selbst erleben.“, erinnert sich Andreas Unterkircher, „Wenn ich mit meinem Freund zusammenlebe, können wir zwar als einzelne ansuchen, kriegen da aber weniger Punkte.“ Unterkircher ist Präsident der schwul-lesbischen Intitiative CENTAURUS, er kämpft seit Jahren für die diesbezügliche Gleichstellung homosexueller Paare. Er sagt: „Hier kann sich das Land nicht rausreden, hier liegen die Kompetenzen ausnahmsweise nicht in Rom.“
Bis jetzt waren die Versuche vergeblich. Zu heikel die Diskussion, zu groß die bestehenden Probleme mit der Anzahl der Ansuchen. Als ein Mitglied der Initiative vor wenigen Wochen schriftlich beim neuen Wobi-Präsident Heiner Schweigkofler vorfühlte, kam die ernüchternde Antwort prompt: „Das Wohnbauinstitut muss sich bei der Punktevergabe an die geltenden gesetzlichen Bestimmungen des Landes halten, laut denen gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht berücksichtigt werden können.“ Der vorgeschlagene Umweg: Wohnungszuweisung für eine Privatperson, dann darf der Partner später einziehen. Andreas Unterkircher will diese teuren Schlupflöcher unnötig machen: „Wir werden das Thema noch in diesem Monat bei einem Treffen mit Landesrat Tommasini ansprechen.“
Was der CENTAURUS-Präsident jedoch nicht weiß: Das Land ist ihm bereits einen Schritt voraus.
„Mir war diese Regelung schon ein Dorn im Auge, als sie damals in Kraft trat“, sagt Martin Zelger, Direktor im Amt für Wohnbauförderungen. Seit drei Jahren beschäftigt sich bereits eine Arbeitsgruppe mit der Anpassung der leidigen Durchführungsbestimmungen. Ein Hauptanliegen: Der Begriff „verschiedenen Geschlechts“ soll endlich gestrichen werden – und ist im aktuellen Gesetzesentwurf schon nicht mehr enthalten.
Zweimal schon wurde der Text in der Sitzung der Landesregierung diskutiert, zweimal wurde er, aus anderen Gründen, erneut in die Bearbeitung geschickt – doch weder dem Rat der Gemeinden noch den Gewerkschaften fiel die kleine Streichung mit großer Wirkung auf. „Wir hoffen jetzt, dass dieser Passus so bleibt, wie er ist“, sagt Martin Zelger, „Landesrat Tommasini sagte bereits, dass er kein Problem damit habe.“
Am 17. November wird Zelger gemeinsam mit mehreren Kollegen der Landesregierung die neuen Anpassungen erklären – auch die seit 15 Jahren erstmalig beschlossene Nichtdiskriminierung wird wohl Thema der Sitzung werden. „Unser Wille ist da“, sagt Martin Zelger, „schauen wir, was dabei herauskommt.“
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