Der alte Wilderer
Ein 72-jähriger Jäger aus Bruneck ist der Versuchung erlegen und hat einen kapitalen Rehbock gewildert. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass zwei Aufseher schlauer sind als er.
von Artur Oberhofer
Die Genugtuung bei den Jagdaufsehern ist groß: „Es kommt selten vor, dass man einen Wilderer in flagranti erwischt.“
Der Fall, der im Pustertal spielt, hat es tatsächlich in sich!
Es war am vergangenen Dienstag gegen 06.30 Uhr, als in der Brunecker Fraktion Reischach, und zwar in der Örtlichkeit Ried, ein Schuss vernommen wurde. Ein in Ried wohnhafter Landwirt verständigte den Revierjagdaufseher, letzterer benachrichtigte den Bezirksjagdaufseher.
Als die beiden Aufseher kurz darauf im Revier, in dem der Schuss gefallen war, auftauchten, um nach dem Rechten zu sehen, bemerkten sie einen Jäger. „Er hat sich eigenartig benommen und verdächtig herumgesucht.“ Die beiden Aufseher erkannten den Mann.
Es ist ein Jäger aus Bruneck, 72 Jahre alt. Seine Initialen: E. B.
Die Aufseher achteten darauf, dass der Jäger sie nicht sehen konnte.
Als der mutmaßliche Wilderer weg war, durchkämmten die Aufseher den Wald. Und siehe da: Zuerst entdeckten sie den Ausbruch, also die Innereien eines Wildtieres. Und in 50 Meter Entfernung stießen sie auf einen kapitalen Rehbock. Das leblose Tier lag unter einer Fichte, mit Zweigen zugedeckt.
Für die beiden Aufseher war klar: Der Jäger E. B. hatte den kapitalen Rehbock gewildert. Nur: Wie sollten sie das dem Jäger beweisen? Sie hatten ja nur den Ohrenzeugen, der den Schuss gehört hatte? „Wir haben ihn nicht schießen sehen, wir hatten also keine Beweise“, so der Revierjagdaufseher.
Die beiden Aufseher beschlossen schließlich, sich auf die Lauer zu legen. „Wir waren uns sicher: Wenn der E. B. den Bock geschossen hat, dann wir er ihn irgendwann holen:“
Ab 08.30 Uhr legten sich die beiden Aufseher auf die Lauer. Sie wechselten sich ab. „Einmal bin ich heimgefahren, um zu essen und zu duschen“, so erzählt der Bezirksjagdaufseher gegenüber der TAGESZEITUNG, „dann ist mein Kollege heimgefahren.“
Bei Einbruch der Dunkelheit wollten die Jagdaufseher zu zweit sein. „Wenn es dunkel wird im Wald und jemand mit einem Gewehr herumgeht, dann ist das gefährlich“, so der Aufseher.
Und tatsächlich: Um 17.20 Uhr tat sich etwas.
Der Bezirksjagdaufseher erzählt:
„Ich lag rund 50 Meter oberhalb der Stelle, wo der Jäger den Rehbock versteckt hatte, auf der Lauer, als ich plötzlich den Jäger sah, wie er mit dem Hund in Richtung Rehbock ging. Mein Kollege, der am Waldausgang postiert war, hat ihn gar nicht bemerkt.
Der Jäger ging schnurstracks auf den Bock zu, als er ihn aufheben wollte, um ihn in Richtung Feldweg zu ziehen, bin ich auf den Jäger zugelaufen und habe gerufen: ,Halt, was geht da?!’
Der Jäger hat dreingeschaut, wie wenn ich ihm eine Pfanne aufgesetzt hätte.“
LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE:
- Wie der Wilderer reagiert hat.
- Und: Mit welchen Strafen der 72-Jährige rechnen muss.
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