„Das ist peinlich“
Die Landtags-Debatte zur Flüchtlingskrise endete in einer Farce: Viele Worte, wenig Lösungen – und ein abgeschmetterter Antrag der Freiheitlichen.
von Matthias Kofler
Dieter Steger fiel es sichtlich schwer, seinen Unmut zu verbergen: „Dai Hans, bitte!“, rief der SVP-Fraktionschef aufgebracht dem Grünen Hans Heiss zu. Dieser hatte der Volkspartei nämlich vorgeworfen, den Antrag der Freiheitlichen, über den der Landtag gerade diskutierte, „hergenommen und für einen eigenen Beschlussantrag aufgemotzt“ zu haben. Bei einem Antrag diesen Inhalts gehöre sich das einfach nicht, meinte Hans Heiss.
Den Vorwurf des Grünen, dem Freiheitlichen-Antrag auch nur irgendetwas Positives abgewinnen zu können, wollte Steger nicht auf sich sitzen lassen. „Die Freiheitlichen nutzen die gegenwärtige Situation in Europa aus, um politisches Kapital daraus zu schlagen. Ihr schlagt da jetzt hinein, um Applaus zu kriegen“, wetterte der SVP-Fraktionschef.
Auch Oswald Schiefer konnte dem Antrag der Freiheitlichen nichts abgewinnen: „Wenn wir so einem Antrag zustimmen, dann geben wir damit jegliche humanitäre Grundhaltung auf“, äußerte sich der SVP-Politiker ziemlich angewidert.
Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat der Südtiroler Landtag am Montag zu einer Sondersitzung geladen. Thema war die gegenwärtige Flüchtlingskrise, die ganz Europa in Schach hält.
Laut dem Begehrensantrag von Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit und BürgerUnion sollte eine gesetzliche jährliche Obergrenze für aufzunehmende Flüchtlinge eingeführt und sichergestellt werden, dass der Autonomen Provinz nur Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid zugestellt werden.
Der Antrag wurde mit breiter Mehrheit abgeschmettert. Nur die Einbringer selbst stimmten für ihr „Werk“. Das brachte die deutschen Rechtsparteien nicht davon ab, dem Landtag ihre eigene Sichtweise zur Flüchtlingskrise breitzutreten: Es sei nicht gesagt, dass es bei den Menschen, die nach Südtirol kommen, immer um Flüchtlinge gehe, meinte etwa Freiheitliche Pius Leiter. „Südtirol hat noch die Möglichkeit, einiges abzubiegen – sonst haben wir bald dieselbe Situation wie Österreich
Andreas Pöder (BürgerUnion) meinte, man sollte nicht nur eine Obergrenze fordern, sondern auch eine Änderung des Asylrechts. „Wir haben das Recht, uns und unseren Wohlstand zu schützen“, so Pöder. Ähnlich äußerte sich Myriam Atz Tammerle (STF): „Die Politik muss an jene denken, die hier leben.“ Kein Betrieb könne es sich leisten, Neueinstellungen vorzunehmen, nur weil es viele Arbeitslose gebe.
Kopfschütteln bei Brigitte Foppa: „Wir geben ein ungutes Bild ab, wenn sich die reichste Region Italiens heute verweigern würde, Flüchtlinge aufzunehmen.“ Mit dem Minderheitenstatus gegen die Flüchtlinge zu argumentieren, sei schäbig, meinte die Grüne. Wer fliehe, sei dazu auch durch unseren Kolonialismus gezwungen worden. Und in Zukunft werde man noch mehr den Klimawandel als Ursache zu spüren bekommen.
Art. 10 der Verfassung lege das Asylrecht fest, erklärte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). Genauso hätten wir aber auch das Recht, von den Einwanderern die Einhaltung unserer Regeln zu fordern. Auf unsere Werte wie Meinungsfreiheit, Frauenrechte usw. dürften wir nicht verzichten.
„Freilich muss auch Missbrauch bekämpft werden“, bemerkte Integrationslandesrat Philipp Achammer. Dadurch könne man aber nicht Menschlichkeit und Solidarität nicht in Frage stellen.
Eine Obergrenze für Flüchtlinge sein nicht möglich, stellte Landesrätin Martha Stocker klar. Dies bestätigte auch Arno Kompatscher. Der LH bezeichnete die Diskussion im Landtag als „peinlich“ und die Forderungen der Antragssteller als „Populismus“:
„Sollen wir dem Sudan sagen, er solle weniger Menschen vertreiben, weil wir bald die Obergrenze der Flüchtlinge erreicht haben? Oder Assad, er solle weniger Fassbomben auf sein Volk werfen?“
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